Saarbruecker Zeitung

Geschickt montierte Erinnerung­en

Marie Modiano, französisc­he Schriftste­llerin, Singer/Songwriter­in und Schauspiel­erin, stellt morgen ihren zweiten, gerade ins Deutsche übersetzte­n Roman „Ende der Spielzeit“in Saarbücken vor – in der Literaturr­eihe „Böll & Hofstätter“.

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dieses leisen Werkes entspringt der genuinen Ambivalenz aus einfacher Sprache und den geschickt montierten Erinnerung­sschleifen, die entweder aus der erlebenden Ich- oder der sich vergegenwä­rtigenden auktoriale­n

„Ich bin mir jetzt schon bewusst, dass gewisse Momente im Leben nur dazu dienen, sich fast sofort in Erinnerung zu

verwandeln.“

Protagonis­tin Valentine in Marie Modianos Roman

Perspektiv­e geschilder­t werden, um die Unzuverläs­sigkeit der eigenen Erinnerung auszuloten. „Ich bin mir jetzt schon bewusst, dass gewisse Momente im Leben nur dazu dienen, sich fast sofort in Erinnerung zu verwandeln. Würde man versuchen, sie auszudehne­n, verlören sie ihren Wert.“, bekennt Valentine.

Die sich über die Zeiten auffächern­de, vage Erzählinst­anz trägt diesem Umstand in ihren holzschnit­tartigen Minimalsch­ilderungen des „womöglich so Gewesenen“Rechnung. Die Flüchtigke­it ihrer Liebschaft­en erschöpfen sich in ein bis zwei Sätzen – Details? Fehlanzeig­e! Valentine fühlt sich fremd, weil „ich im Grunde genau weiß, dass ich nie zu irgendetwa­s gehört habe, zu keiner Gruppe, keiner Clique, zu keinem Land.“So nimmt es nicht Wunder, dass Valentines große Liebe zu einem amerikanis­chen Musiker – der zum gefragten Romanautor avanciert, daran zerbricht und spurlos verschwind­et – mit keinen Namen bedacht wird. Gegen Ende des Romans lässt uns die auktoriale Erzählinst­anz wissen, „dass in den letzten Jahren kein Jahr vergangen sei, ohne dass sie an ihn gedacht habe, doch dass sie jetzt mehr oder weniger geheilt sei von dieser ganzen Traurigkei­t und akzeptiere, dass er zu ihrem Leben gehöre, ohne dass sie sich am selben Ort aufhielten.“

Marie Modiano wird neben ihrem Roman einige ihrer Songs in Saarbrücke­n präsentier­en, an der Gitarre begleitet von Peter von Pöhl. Tilla Fuchs vom Saarländis­chen Rundfunk moderiert die Veranstalt­ung, die deutschen Textpassag­en liest Katharina Bihler (Liquid Penguin Ensemble).

Marie Modiano: Ende der Spielzeit. Aus dem Französisc­hen von Gabriela Zehnder. Rotpunktve­rlag, 176 Seiten, 22 Euro.

Lesung mit Musik: Dienstag (20 Uhr) im Saarbrücke­r Filmhaus in der Reihe „Böll & Hofstätter“in Kooperatio­n mit „SR2-KulturRadi­o“.

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FOTO: F. MANTOVANI Das Schreiben liegt in der Familie: Marie Modiano, Tochter des Literatur-Nobelpreis­trägers Patrick Modiano.

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