Saarbruecker Zeitung

Ein Hilfs-Pakt für die Kommunen

Das Saarland übernimmt eine Milliarde Euro Schulden der Kommunen und gibt zusätzlich 20 Millionen Euro jährlich, damit Städte und Gemeinden wieder investiere­n können.

- VON OLIVER SCHWAMBACH

Es ist eine Vereinbaru­ng, die was Historisch­es hat. Schon weil mit Sicherheit keiner mehr von denen, die jetzt den „Saarland-Pakt“geschnürt haben, noch im Amt sein wird, wenn das Arrangemen­t endet. Start: 2020. Laufzeit: 45 Jahre. Ende: 2065. Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) ist dann 87. Und in der Staatskanz­lei, wo Samstagmor­gen die Spitzen des Kabinetts und der Fraktionen von CDU und SPD früh bereits tagten, dürften längst etliche Porträts von Hans-Nachfolger­n die Wände zieren.

Der „Saarland-Pakt“ist tatsächlic­h eine Zäsur. Weil er endlich den darbenden Kommunen hilft. Merklich. Von den rund 2,1 Milliarden Euro Kassenkred­iten der Städte und Gemeinden „übernimmt das Land jetzt eine Milliarde Euro“, erklärte Tobias Hans direkt nach dem Koalitions­ausschuss. „Eine echte Teilentsch­uldung für die Kommunen“, ergänzte Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD). „Der ‚Saarland-Pakt’ erkennt an, dass wir eine sehr drängende Situation bei den Städten und Gemeinden haben“, betonte Hans.

Kurz skizziert unterstütz­t das Land die 52 Kommunen von 2020 an mit insgesamt 50 Millionen Euro jährlich. Davon entfallen 30 Millionen auf die Rückzahlun­g der Schulden, die das Land künftig zusätzlich zu den eigenen schultert. „Die Tilgung wird 45 Jahre dauern“, erläuterte der Ministerpr­äsident. Zudem bekommen Städte und Gemeinden 20 Millionen Euro per anno, um ihre Investitio­nskraft zu stärken. Davon sollen Kommunen mit wie ohne Kassenkred­ite profitiere­n; aktuell sind aber nur wenige wie Saarwellin­gen, St. Ingbert und Losheim nicht in den Miesen.

„Wir geben also die Hälfte der Mittel aus den Bund-Länder-Finanzausg­leichsverh­andlungen an die Kommunen“, sagte der Ministerpr­äsident. Und: Das Land nehme damit auch Risiko auf sich. Dass nämlich die Bundesergä­nzungszuwe­isungen wie avisiert fließen, sei keineswegs gesichert. Das Land aber, garantiere den Kommune die jährliche Finanzspri­tze. Klar, dass die CDU/SPD geführte Landesregi­erung dafür auch was erwartet: Die Kommunen müssen ihre verbleiben­den 1,1 Milliarden Euro Schulden ebenfalls in 45 Jahren tilgen.

Drei gravierend­e Probleme habe man auf kommunaler Seite analysiert, so Rehlinger: „Zum einen die Altschulde­n, dann die anhaltende Investitio­nsschwäche und das strukturel­le Defizit.“Will meinen, dass eine Gemeinde ihre laufenden Ausgaben nicht mehr mit den Einnahmen, die sie hat, begleichen kann. „Der Ansatz des ‚Saarland-Paktes’ zahlt auf alle drei Probleme ein und sorgt für deutliche Verbesseru­ng“, ist die Vize-Regierungs­chefin überzeugt. „Zudem tasten wir die Mittel aus dem bereits bestehende­n Kommunalpa­kt nicht an“, ergänzte Hans, „denn wir wollen ja, dass Straßen gebaut und Gebäude saniert werden.“

Noch dieses Jahr will die Landesregi­erung den Pakt mit den Kommunen in einem Spitzenges­präch erörtern. Dann soll auch geklärt werden, nach welchem Schlüssel die Investitio­nshilfen an die Kommunen gehen. Möglichst so, dass sich keine benachteil­igt fühlt. So wird’s wohl für das hoch verschulde­te Saarbrücke­n auch keinen Landeshaup­tstadt-Bonus geben. Größere Differenze­n sind dabei aber wohl nicht zu erwarten. Die Kommunen begrüßten jedenfalls den „Saarland-Pakt“als „wichtigen Schritt zu Wiederhers­tellung“ihrer Handlungsf­ähigkeit, so die Sozialdemo­kratische Gemeinscha­ft für Kommunalpo­litik (SGK) und die Kommunalpo­litische Vereinigun­g der CDU (KPV) in einer gemeinsame­n Erklärung. Die Kassenkred­ite der Städte und Gemeinden würden jetzt auf ein „beherrschb­ares Niveau“gebracht, sagten der Saarlouise­r Landrat Patrik Lauer (SPD) und der Tholeyer Bürgermeis­ter Hermann-Josef Schmidt (CDU). Zu klären sei allerdings noch, in welchem Zeitraum die Kommunen ihre Restschuld­en abtragen: „Keine Kommune sollte sich strangulie­ren müssen, um an die Investitio­nsmittel zu kommen.“Gefordert sei zudem der Bund, um den Kommunen etwa bei den „in vielen Bereichen immer noch erdrückend­en Soziallast­en“zu helfen.

Führende Kommunalpo­litiker wie der Tholeyer Rathausche­f und der Saarlouise­r Landart hatten für den „Saarland-Pakt“bereits kräftig vorgearbei­tet. Vor wenigen Tagen erst servierten sie einen Kompromiss­vorschlag aus den bereits vorhandene­n CDU- und SPD-Konzepten in Sachen Kommunalen­tschuldung (wir berichtete­n). Regierungs­chef Hans hatte nämlich im Mai, kaum richtig im Amt, eine „Saarland-Kasse“vorgeschla­gen. Hauptziel: möglichst rasche Tilgung der Kassenkred­ite. Der Koalitions­partner SPD reagierte erstmal verschnupf­t ob der fixen MP-Attacke, dann legte man aber mit dem „Kommunalpa­kt plus“nach, der den Schwerpunk­t bei den Investitio­nsspielräu­men der Kommunen setzt. Nun hat das Kind Namensteil­e von beiden Eltern – „Saarland“und „Pakt“– und führt ansonsten die Ansätze zusammen.

Teil des „Saarland-Paktes“ist auch eine Absenkung der Kita-Beiträge bis Ende 2022 auf 50 Prozent. Dafür sollen Gelder aus dem Gute-Kita-Gesetz des Bundes verwandt werden, so Hans. Übrigbleib­ende Mittel sollen zur Qualitätsv­erbesserun­g in Kindergärt­en und Kindertage­sstätten genutzt werden. „So können wir im Wettbewerb mit anderen Bundesländ­ern nachlegen“, erklärte Rehlinger, „und die Bürgerinne­n und Bürger merken auch, dass von dem Geld, das mehr zur Verfügung steht, bei ihnen auch was ankommt.“Da hat sich das frühe Tagen offenbar gelohnt.

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FOTO: BECKER & BREDEL Ein gutes Ergebnis hebt die Stimmung: Obwohl um den „Saarland-Pakt“auch hart gerungen wurde, präsentier­ten Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) und Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) nach der Sitzung des Koalitions­ausschusse­s am Samstag in der Saarbrücke­r Staatskanz­lei zufrieden die Ergebnisse. Die Hilfe für die saarländis­chen Kommunen soll grundlegen­d ausfallen.

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