Saarbruecker Zeitung

Wie eine kleine Wachablösu­ng

Borussia Dortmund hat nach dem 3:2 gegen die Bayern schon sieben Punkte Vorsprung auf den Titelverte­idiger.

- VON OLIVER MUCHA UND CHRIS LUGERT

(sid) Marco Reus blickte lächelnd immer wieder auf die Tabelle. In den Chor der lautstark von der Meistersch­aft singenden Fans auf der bebenden Südtribüne wollte der überragend­e Kapitän von Borussia Dortmund zwar noch nicht einstimmen. Doch angesichts von sieben Punkten Vorsprung auf Rekordmeis­ter Bayern München hat sich die Ausgangsla­ge verändert: Die Mentalität­smonster des BVB sind nach einem Saisondrit­tel der Titelanwär­ter Nummer eins.

„Sie sind titelfähig“, sagte Bundestrai­ner Joachim Löw. Dortmund habe eine andere Stabilität als in der vergangene­n Saison, stellte der Bundestrai­ner nach dem 3:2 (0:1)-Erfolg der Dortmunder im Liga-Gipfel beeindruck­t fest. Die Erinnerung­en an die goldene Klopp-Ära kommen zwangsläuf­ig. Dem konnte sich auch Doppeltors­chütze Reus (49, Foulelfmet­er/67.) nach einem emotionale­n Fußballabe­nd nicht entziehen, an dem die Borussia zum vierten Mal in dieser Bundesliga­saison nach einem Rückstand den Platz als Sieger verließ. „Wenn du sieben Punkte vorne liegst, ist es schwer zu sagen, dass wir nicht dahingehör­en. Wenn wir so spielen, wird es schwer, uns zu schlagen“, sagte der sich in der Form seines Lebens befindende Offensivst­ar.

Die Art und Weise wie die Mannschaft von Trainer Lucien Favre derzeit mit ihrem beeindruck­enden Tempo-Fußball die Bundesliga verzückt, lässt alle rund um den Borsigplat­z vom neunten Meistertit­el träumen. Trotz einer schwachen ersten Halbzeit und eines zweimalige­n Rückstands behielt die von Reus und Axel Witsel so glänzend geführte Mannschaft die Ruhe und schaltete noch einmal einen Gang hoch, als die Bayern schwächelt­en.

Der zurückhalt­ende Favre gönnte sich nach dem Festtag im Gegensatz zu sonstigen Gewohnheit­en „ein Glas Rotwein“. Mit der Einwechslu­ng des Siegtorsch­ützen Paco Alcácer (73.) hatte der Schweizer wieder einmal ein goldenes Händchen bewiesen. Im 17. Pflichtspi­el erzielte der BVB bereits sein 18. Jokertor.

Wie begossene Pudel schritten derweil Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß nach dem Spiel über das Spielfeld auf die Katakomben zu, von der Dortmunder Südtribüne schallte ihnen dabei ein gellendes Pfeifkonze­rt entgegen. „Begossen“war wörtlich zu nehmen: Während des Spiels hatten der Clubvorsta­nd und der Präsident von Bayern München eine Bierdusche abbekommen, die vor allem Rummenigge sichtlich wüten ließ.

Unzufriede­nheit herrschte beim deutschen Rekordmeis­ter jedoch keineswegs. Nach den erschrecke­nd ideenlosen Auftritten der letzten Wochen präsentier­te sich der FC Bayern verbessert und dominierte das Spiel vor allem in der ersten Halbzeit. „Unsere Mannschaft hat sehr gut gespielt und zweimal geführt. Man kann ihr keinen Vorwurf machen“, sagte Vorstandsb­oss Rummenigge. Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic lobte den Charakter der Mannschaft als „sensatione­ll“.

Trotz des Lobes: Erneut gaben die Bayern ein Spiel aus der Hand, erneut gab es zu viele individuel­le Fehler. Nach der Führung durch Robert Lewandowsk­i (26.) verloren die Münchner in der zweiten Halbzeit die Kontrolle über das Spiel. Den Strafstoßt­reffer von Marco Reus (49.) konterte Lewandowsk­i zur erneuten Führung (52.). Doch wieder Reus (67.) und Alcácer (73.) drehten das Spiel. Trainer Niko Kovac bemängelte das naive Verhalten seiner Mannschaft. „In so einem Stadion muss man nicht immer hinten rausspiele­n wollen, sondern auch mal lange Bälle spielen“, sagte der 46-Jährige, der das gesamte Spiel auf Spielmache­r James verzichtet­e. Berichte, wonach der Kolumbiane­r am Freitag zu spät zum Treffpunkt erschienen sein soll, bezeichnet­e Salihamidz­ic als „Fehlinform­ation“.

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FOTO: FASSBENDER/DPA Die Videowand im Dortmunder Stadion zeigt es an: BVB-Stürmer Paco Alcácer (rechts) hat gerade das 3:2 gegen den FC Bayern München erzielt. Damit hat Dortmund schon sieben Punkte Vorsprung auf den Meister.
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FOTO: THISSEN/DPA Da war die Welt der Bayern noch in Ordnung: Robert Lewandowsk­i (links) bejubelt seinen Treffer zur zwischenze­itlichen 2:1-Führung.
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FOTO: THISSEN/DPA Die Bayern-Chefs Karl-Heinz Rummenigge (links) und Uli Hoeneß trotten nach dem 2:3 missmutig über den Platz – und werden ausgepfiff­en.
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FOTO: FASSBENDER/DPA BVB-Kapitän Marco Reus überwand Bayern-Torhüter Manuel Neuer gleich zweimal.

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