Saarbruecker Zeitung

Merkel will den Schaden begrenzen

Die Berliner Politik reagiert besorgt auf die Brexit-Abstimmung in London.

- Produktion dieser Seite: Pascal Becher, Robby Lorenz Frauke Scholl, Joachim Wollschläg­er

(vet) Wie es genau mit dem Brexit und dem abgelehnte­n EUDeal weitergehe­n soll, weiß derzeit niemand. Und so schwankten die Berliner Reaktionen auf Premier Theresa Mays krachende Niederlage gestern zwischen Bedauern und Ratlosigke­it. Man warte jetzt darauf, was May noch vorschlage, erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ähnlich hatte sich auch Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) geäußert. Nach Einschätzu­ng Merkels geht es nun darum, den „Schaden“durch den EU-Austritt der Briten „so klein wie möglich“zu halten. Die Regierung sei aber auch darauf vorbereite­t, dass es keine „geordnete Lösung“gebe, sagte Merkel. Für den Fall eines ungeregelt­en Brexits hatte das Kabinett schon im Dezember einen Gesetzentw­urf gebilligt. Damit will man britischen und deutschen Staatsange­hörigen entgegenko­mmen, die einen Antrag auf Einbürgeru­ng in Deutschlan­d beziehungs­weise Großbritan­nien stellen. Die Vorlage sieht vor, dass sie ihren jeweils anderen Pass behalten dürfen, was ansonsten nicht mehr möglich wäre. Das Gesetz wird bereits an diesem Donnerstag im Bundestag verabschie­det.

Für die amtierende Justizmini­sterin und Europawahl-Spitzenkan­didatin der SPD, Katarina Barley, stellt sich das Brexit-Problem ganz persönlich. Sie hat auf den Inseln familiäre Wurzeln. Barley appelliert­e an London, „schnell für Stabilität zu sorgen“. Es müsse zügig eine Lösung im Sinne der Bürger gefunden werden. Ihr Parteikoll­ege, Vizekanzle­r Olaf Scholz, sprach von einem „bitteren Tag für Europa“. Ein ungeregelt­er Brexit sei die „schlechtes­te aller Möglichkei­ten“. Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) forderte die britische Regierung auf, sich klar gegen eine solche Lösung zu positionie­ren. „Das wäre ein wichtiges Signal für die Märkte“.

Die Märkte reagierten gestern abwartend. Mays Abstimmung­sniederlag­e war ja zu befürchten, wenngleich nicht so deutlich. Für die deutsche Wirtschaft ist die Entscheidu­ng allerdings eine Horror-Nachricht. „Unternehme­n diesseits und jenseits des Ärmelkanal­s hängen in der Luft. Ein chaotische­r Brexit rückt in gefährlich­e Nähe“, meinte BDI-Hauptgesch­äftsführer Joachim Lang. Und der Verband der Automobili­ndustrie warnte vor Jobverlust­en.

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