Merkel will den Schaden begrenzen
Die Berliner Politik reagiert besorgt auf die Brexit-Abstimmung in London.
(vet) Wie es genau mit dem Brexit und dem abgelehnten EUDeal weitergehen soll, weiß derzeit niemand. Und so schwankten die Berliner Reaktionen auf Premier Theresa Mays krachende Niederlage gestern zwischen Bedauern und Ratlosigkeit. Man warte jetzt darauf, was May noch vorschlage, erklärte Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Ähnlich hatte sich auch Außenminister Heiko Maas (SPD) geäußert. Nach Einschätzung Merkels geht es nun darum, den „Schaden“durch den EU-Austritt der Briten „so klein wie möglich“zu halten. Die Regierung sei aber auch darauf vorbereitet, dass es keine „geordnete Lösung“gebe, sagte Merkel. Für den Fall eines ungeregelten Brexits hatte das Kabinett schon im Dezember einen Gesetzentwurf gebilligt. Damit will man britischen und deutschen Staatsangehörigen entgegenkommen, die einen Antrag auf Einbürgerung in Deutschland beziehungsweise Großbritannien stellen. Die Vorlage sieht vor, dass sie ihren jeweils anderen Pass behalten dürfen, was ansonsten nicht mehr möglich wäre. Das Gesetz wird bereits an diesem Donnerstag im Bundestag verabschiedet.
Für die amtierende Justizministerin und Europawahl-Spitzenkandidatin der SPD, Katarina Barley, stellt sich das Brexit-Problem ganz persönlich. Sie hat auf den Inseln familiäre Wurzeln. Barley appellierte an London, „schnell für Stabilität zu sorgen“. Es müsse zügig eine Lösung im Sinne der Bürger gefunden werden. Ihr Parteikollege, Vizekanzler Olaf Scholz, sprach von einem „bitteren Tag für Europa“. Ein ungeregelter Brexit sei die „schlechteste aller Möglichkeiten“. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) forderte die britische Regierung auf, sich klar gegen eine solche Lösung zu positionieren. „Das wäre ein wichtiges Signal für die Märkte“.
Die Märkte reagierten gestern abwartend. Mays Abstimmungsniederlage war ja zu befürchten, wenngleich nicht so deutlich. Für die deutsche Wirtschaft ist die Entscheidung allerdings eine Horror-Nachricht. „Unternehmen diesseits und jenseits des Ärmelkanals hängen in der Luft. Ein chaotischer Brexit rückt in gefährliche Nähe“, meinte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Und der Verband der Automobilindustrie warnte vor Jobverlusten.