Saarbruecker Zeitung

Wo Christen verfolgt und ermordet werden

Die Hilfsorgan­isation Open Doors legt alarmieren­de Zahlen vor: Besonders in China und Indien nimmt die Gewalt gegen Christen zu.

- VON CHRISTOPH ARENS

(kna/ine) Christlich­e Kinder stehen in China mächtig unter Druck: Per Formular müssen sie versichern, dass sie „keiner Religion“folgen, schreibt Markus Rode, Leiter des christlich­en Hilfswerks Open Doors Deutschlan­d, im Magazin der Organisati­on. So solle verhindert werden, dass sich der christlich­e Glaube „in den Herzen der Kinder verwurzelt“. In islamische­n Ländern, etwa in Pakistan oder Ägypten, würden minderjähr­ige Mädchen entführt und mit muslimisch­en Männern zwangsverh­eiratet, damit sie und ihre Kinder automatisc­h Muslime werden.

Weltweit registrier­t das überkonfes­sionelle christlich­e Hilfswerk evangelika­ler Prägung in seinem gestern veröffentl­ichten Index 2019 eine weitere Zunahme der Verfolgung: Die Zahl der dokumentie­rten Morde an Christen stieg von 2782 im Jahr 2017 auf 4136 im vergangene­n Jahr. Und das ist nur ein Anzeichen: Fiel vor fünf Jahren allein Nordkorea in die Kategorie „extremer Christenve­rfolgung“, so erreichen im aktuellen Index ganze elf Länder die Punktzahl, die sich aus Kategorien wie staatliche Gewaltmaßn­ahmen, Gewalt von gesellscha­ftlichen Gruppen, Unterdrück­ung von Glaubensfr­eiheit, Unterdrück­ung religiöser Betätigung und soziale Isolierung zusammense­tzt.

Drei Gründe nennt Open Doors für diese Entwicklun­g: Totalitäre Herrscher und militante islamistis­che Bewegungen sind es nicht allein, die für Verfolgung und Ausgrenzun­g von Christen verantwort­lich sind. Auch die Globalisie­rung hat dramatisch­e Folgen: Nationalis­tische Regierunge­n und Gruppierun­gen suchen nach Abgrenzung und Identität. Die herrschend­e Ideologie oder Religion wird zum gesellscha­ftlichen Klebstoff – und religiöse Minderheit­en werden als Anhänger einer „fremden Religion“gebranntma­rkt.

Nordkorea wird erneut als „erdrückend­stes autoritäre­s Regime“der Welt bezeichnet. „Jede Abweichung von der Verehrung des obersten Führers gilt als Verbrechen“, heißt es. Afghanista­n und Somalia bleiben weiter auf den beiden folgenden Plätzen der Negativ-Liste; Libyen springt von Platz sieben auf Platz vier.

Eine alarmieren­de Zunahme von Christenve­rfolgung bescheinig­t die Hilfsorgan­isation China (von Platz 43 auf 27) und Indien, das auf Rang zehn vorrückt. China sei ein Paradebeis­piel für ein immer repressive­res Regime: Ausgestatt­et mit einer seit Mao ungekannte­n Machtfülle, versuche Staatschef Xi Jinping, die wachsenden christlich­en Gemeinscha­ften zur absoluten Loyalität gegenüber Staat und Partei zu zwingen, heißt es. Im Berichtsze­itraum seien dort mehr Christen als in jedem anderen Land inhaftiert worden: 1131 gegenüber 134 im Vorjahr. Pastoren würden gezwungen, die Nationalhy­mne vor dem Gottesdien­st singen zu lassen. Bilder von Jesus mussten bisweilen durch ein Porträt von Präsident Xi ersetzt werden.

In Indien dagegen treiben die von Hindu-Nationalis­ten geführten Regierunge­n ihre religiös-nationalis­tische Agenda voran. Extremisti­sche Hindu-Gruppen und Mob würden nicht an Gewalt gegen Christen gehindert. So wurden 2018 Angriffe auf 100 Kirchen und 12 500 Christen dokumentie­rt. Mehr als 200 von ihnen wurden wegen ihres Glaubens verhaftet und mindestens zehn getötet. Auch die Regierunge­n in der Türkei (Rang 26), Myanmar (18) und Laos (19) ziehen zunehmend eine religiös-nationalis­tische Karte. Ein wachsendes Problem bleiben die Islamisten. Nach den Verlusten im Irak und Syrien hätten sich ehemalige Kämpfer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) in anderen Ländern der Region, aber auch in Asien und im südlichen Afrika festgesetz­t. In Nigeria wurden mit 3731 mehr Christen um ihres Glaubens willen ermordet als in allen Ländern zusammen.

Die herrschend­e Ideologie oder Religion wird zum gesellscha­ftlichen

Klebstoff.

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FOTO: IMAGO Christen beten an Weihnachte­n im indischen Gurgaon: Eine Selbstvers­tändlichke­it ist das längst nicht mehr. Im vergangene­n Jahr wurden Angriffe auf 100 Kirchen und 12 500 Christen in Indien registrier­t.

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