„Konflikte werden stärker auf dem Rücken der Religionen ausgetragen“
Immer mehr religiöse Radikalisierungen, sich zuspitzende soziale Ungleichgewichte in den Gesellschaften tragen dazu bei, dass Christen weltweit stärkeren Verfolgungen ausgesetzt sind, sagt Pfarrer Christian Weyer aus Saarbrücken. Er ist Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Saar-West.
Grundsätzlich sind Verfolgungen religiöser Minderheiten in der Welt nichts Neues – und Christen sind ja in vielen Teilen der Welt in der Minderheit. Was aber ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür, dass die Verfolgung von Christen gerade in China und Indien so zunimmt?
WEYER Ich denke, dass es zum einen daran liegt, dass sich die sozialen Gegensätze in diesen Gesellschaften verschärfen. Was dazu führt, dass Konflikte immer stärker auf dem Rücken der Religionen ausgetragen werden. Es ist aber auch zu beobachten, dass sich – neben dem Islam – auch im Hinduismus immer radikalere Formen entwickeln. Diese äußern sich ebenfalls in einer verstärkten Verfolgung anderer Religionen.
Nun sind ja die Christen in der Vergangenheit bei ihrer Missionierung in aller Welt nicht gerade zimperlich vorgegangen. Resultieren daraus vielleicht auch heute noch Feindseligkeiten, die gelegentlich erneut aufbrechen?
WEYER Die aggressive, teils sogar gewalttätige Mission gehört längst der Vergangenheit an. Natürlich ist das kein rühmliches Kapitel des Christentums. Aber davon haben wir ja schon lange Abstand genommen. Insofern kann ich keinen direkten Zusammenhang feststellen.
Beobachten Sie verstärkt Tendenzen, dass Christen bestimmte Länder verlassen?
WEYER Ich weiß bislang nur von einem Exodus aramäischer Christen aus dem Irak und Syrien. Gerade im Saarland gibt es ja eine relativ große Gruppe. Ansonsten sind mir derzeit keine größeren Fluchtbewegungen christlicher Gruppen aus anderen Ländern bekannt.