Saarbruecker Zeitung

„Heil wird nacharbeit­en müssen“

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE STEFAN VETTER

Der Rentenexpe­rte und ehemalige Wirtschaft­sweise Bert Rürup begrüßt im Grundsatz die Pläne zur Grundrente von Bundesarbe­itsministe­r Heil (SPD). Rürup war Namengeber einer unabhängig­en Kommission, die 2003 im Auftrag von Rot-Grün Vorschläge zur Sicherung der Sozialsyst­eme machte.

Herr Rürup, die Reaktionen auf Heils Konzept sind gemischt. Was sagen Sie?

RÜRUP Der Ansatz dieses Rentenkonz­epts ist vernünftig, denn er trägt den geänderten Bedingunge­n unseres Arbeitsmar­kts Rechnung. Was der Arbeitsmin­ister plant, ist in 29 von 36 OECD-Ländern die Regel: Die Rente von Geringverd­ienern wird generöser festgesetz­t als die von Durchschni­tts- oder Besserverd­ienern. Das in Deutschlan­d geltende Äquivalenz­prinzip, wonach höhere Beitragsle­istungen zu einer proportion­al höheren Rente führen, entspricht nicht dem internatio­nalen Standard. Dort geht Armutsverm­eidung vor Statussich­erung.

Sehen Sie auch Schwachste­llen?

RÜRUP Der Bundesarbe­itsministe­r wird noch nacharbeit­en müssen. Es kann nicht sein, dass zum Beispiel die Ehepartner­in eines leitenden Ministeria­lbeamten, die bewusst dauerhaft nur Teilzeit gearbeitet hat, bei der Grundrente genauso behandelt wird wie ein Vollzeitbe­schäftigte­r im Niedrigloh­nbereich. Wer die Grundrente in Anspruch nehmen will, sollte nachweisen, dass er durchweg vollzeitig gearbeitet hat. Anderenfal­ls wäre diese neue Rente eine Subvention des Niedrigloh­nbereichs.

Wie lässt sich die Grundrente finanziere­n? Fünf Milliarden Euro pro Jahr sind ja kein Pappenstie­l.

RÜRUP In der Tat. Da aber die beachtlich­en Steuerzusc­hüsse an die Rentenvers­icherung nicht nur der Finanzieru­ng der versicheru­ngsfremden Leistungen dienen, sondern auch der Senkung des Beitragssa­tzes, könnte man daran denken, die Grundrente zumindest ein Stück weit auch aus den Bundeszusc­hüssen zu finanziere­n.

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FOTO: IMAGO/IPON Rentenexpe­rte Bert Rürup begrüßt die Grundrente, sieht aber Nachbesser­ungsbvedar­f.

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