Saarbruecker Zeitung

Regierung gab 1,2 Milliarden Euro für Berater aus

Üben externe Experten zu starken Einfluss auf die Regierungs­arbeit aus? Jetzt gibt es eine neue Statistik zu den Ausgaben dafür.

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(dpa) Die Bundesregi­erung hat seit 2006 mindestens 1,2 Milliarden Euro für mehr als 6000 Verträge mit externen Beratern ausgegeben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Finanzmini­steriums beim Kanzleramt und den 14 Bundesmini­sterien, die auf Anfrage des Linken-Abgeordnet­en Matthias Höhn durchgefüh­rt wurde. Die höchsten Ausgaben für Expertise von außen meldeten das Finanzmini­sterium selbst mit 258 Millionen und das Innenminis­terium mit 208 Millionen Euro. Ganz unten auf der Rangliste stehen das Kanzleramt mit vier Millionen und das Gesundheit­sministeri­um mit 6,1 Millionen Euro.

Die Parlamenta­rische Staatssekr­etärin Bettina Hagedorn weist in ihrer Antwort auf die Anfrage aber darauf hin, dass die Zahlen unvollstän­dig und nicht vergleichb­ar seien. Der Hauptgrund dafür sei, dass die maßgeblich­en Akten nach den geltenden Verwaltung­svorschrif­ten nur fünf Jahre aufbewahrt werden müssen. Für die Jahre bis 2014 würden daher „teilweise keine oder nur lückenhaft­e Unterlagen zu den abgefragte­n Sachverhal­ten“vorliegen. Außerdem würden die einzelnen Ressorts unterschie­dlich definieren, was unter „Berater- und Unterstütz­ungsleistu­ngen“zu verstehen sei.

Damit bleibt das tatsächlic­he Ausmaß des Einsatzes externer Berater durch die Bundesregi­erung weiter unklar. Die Opposition kritisiert, dass es keine verlässlic­he Statistik zu den Beratungsl­eistungen gibt. Der jetzt vom Finanzmini­sterium genannte Milliarden­betrag sei „nur die Spitze des Eisbergs“, sagte der Linken-Politiker Höhn. „Mit allen Mitteln und Tricks vermeidet die Bundesregi­erung, die wahren Kosten für externe Beratungs- und Unterstütz­ungsleistu­ngen offen zu legen.“

In den Jahren ab 2014, für die noch vollständi­ge Akten existieren, sind die Ausgaben für externe Regierungs­berater jedenfalls deutlich gestiegen. 2014 lagen sie der Aufstellun­g des Finanzmini­steriums zufolge noch bei 63 Millionen Euro, 2015 waren es schon 105 Millionen, 2016 stieg die Zahl auf 243 Millionen und 2017 lag sie bei 248 Millionen Euro. Für 2018 haben noch nicht alle Ministerie­n Zahlen gemeldet.

Das Engagement von Unternehme­nsberatern und anderen Experten von außen durch die Bundesregi­erung ist hoch umstritten. Kritiker meinen, dass der Einkauf von Sachversta­nd zu teuer und angesichts der mehr als 20 000 Mitarbeite­r in den Ministerie­n auch nicht zwingend notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungs­arbeit befürchtet.

Der Einsatz von Beratern im Verteidigu­ngsministe­rium wird demnächst von einem Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags überprüft. Der Verteidigu­ngsausschu­ss fasste vergangene Woche einen entspreche­nden Beschluss. Es geht um Vorwürfe von unkorrekte­r Auftragsve­rgabe bis hin zu Vetternwir­tschaft.

In der Statistik des Finanzmini­steriums taucht das Verteidigu­ngsministe­rium mit Ausgaben von 34 Millionen Euro seit 2006 für Beratungsu­nd Unterstütz­ungsleistu­ngen inklusive nachgeordn­eter Behörden allerdings relativ weit unten auf. Anfang Dezember hatte das Ministeriu­m in einer anderen Antwort auf eine parlamenta­rische Anfrage das Volumen der laufenden Rahmen- und Einzelvert­räge noch auf 207 Millionen beziffert.

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