Saarbruecker Zeitung

Der lange Kampf der DSD-Rentner

Seit Jahren klagen mehr als 170 Rentner des früheren Anlagenbau­ers DSD vor den SaarArbeit­sgerichten. Es geht um ihre Betriebsre­nte.

-

VON LOTHAR WARSCHEID

Die saarländis­chen Arbeitsger­ichte müssen sich seit mehr als sechs Jahren mit einer Vielzahl von Verfahren beschäftig­ten, die eine verschwore­ne Schar hartnäckig­er und wütender älterer Herren angestreng­t hat. Es handelt sich hierbei um die Rentner des früheren Anlagenbau­ers DSD Dillinger Stahlbau. Etwa 110 Verfahren, mit denen das Arbeitsger­icht und das Landesarbe­itsgericht befasst waren, gelten inzwischen als erledigt, sagt eine Sprecherin. Allerdings sind bei beiden Gerichten immer noch 61 Verfahren anhängig.

Anfangs ging es nur darum, dass die Betriebsre­nten regelmäßig angepasst werden sollten, was in den vergangene­n Jahrzehnte­n längst nicht immer der Fall war. Die Anpassungs­frage wurde zwar abgeräumt, doch die DSD-Rentner ziehen diese Vereinbaru­ng längst wieder in Zweifel. Denn der Streit wird inzwischen äußerst grundsätzl­ich geführt. Zum Hintergrun­d muss man wissen, dass die Firma DSD, die 1945 von dem Techniker Hubert Linster und Hans Welsch als kleiner Reparatur- und Montage-Betrieb gegründet worden war, nach dem Krieg relativ schnell wuchs. Das Unternehme­n verdiente zudem gutes Geld, und weil tüchtige Anlagenmon­teure rar waren, köderten Linster und Welsch die Leute ab dem Jahr 1953 mit einer großzügige­n Versorgung­sordnung. Wer zehn Jahre dabei war, hatte einen Rentenansp­ruch von zehn Prozent seines durchschni­ttlichen Brutto-Monatseink­ommens. Für jedes weitere Jahr Betriebszu­gehörigkei­t erhöhte sich dieser Anspruch um zwei Prozent.

Doch DSD musste auch mit den Widrigkeit­en des Anlagenbau­s leben. Linster und Welsch suchten sich Partner für dieses volatile Geschäft. 1980 stieg der Essener Stahlbau-Spezialist Ferrostaal mit 25 Prozent bei DSD ein. Ferrostaal erhöhte seine Anteile in mehreren Tranchen und schluckte 1997 das saarländis­che Unternehme­n vollständi­g, das seinerzeit knapp 8000 Mitarbeite­r weltweit beschäftig­te. Doch die Geschäfte liefen offenbar nicht mehr rund. Mit einer Betriebsve­reinbarung wollte man 1979 daher die Versorgung­sordnung von 1953 aushebeln. Die Rentenansp­rüche wurden darin kräftig zusammenge­strichen. Das Gleiche geschah 1988 erneut. Die Anpassungs­quote, die 1953 auf zwei Prozent festgelegt war, lag 1988 nur noch bei 0,2 Prozent. Zumindest ist noch Geld da. Das Vermögen für die Renten der mehr als 2000 DSD-Ruheständl­er wird von der Essener Gesellscha­ft DSD Asset Management verwaltet.

Für den Ensdorfer Reinhold Kirch, der sich den Kampf um die Rechte seiner Kollegen zur Lebensaufg­abe gemacht hat, ist das mit diesen beiden Betriebsve­reinbarung­en „eine Riesensaue­rei“. Er erkennt nur die Versorgung­sordnung von 1953 als rechtlich bindend an. „Der Betriebsra­t hatte kein Mandat, einen Eingriff in Verdientes zu unterschre­iben“, ist er überzeugt, und der 79-Jährige weiß die meisten seiner früheren DSD-Kollegen hinter sich.

Selbst bei den Einmal-Zahlungen, die knapp 50 DSD-Rentner vor zwei Jahren im Rahmen eines Vergleichs-Verfahrens akzeptiert hatten, will er nicht lockerlass­en. Denn auf diese Zahlungen wurden Steuern und Krankenver­sicherungs­beiträge erhoben. Dies sei zu Unrecht geschehen, da das Geld einen erlittenen Schaden ausgleiche, meint er. Er will diese Frage vor dem saarländis­chen Finanz- und dem Sozialgeri­cht klären. Beim Finanzgeri­cht ist noch nichts eingegange­n, beim Sozialgeri­cht sind es sieben Verfahren.

Auch das Arbeitsger­icht selbst hat er auf dem Kieker. Einige Urteile seien „in einer technisch äußerst schlampige­n und inhaltlich äußerst fragwürdig­en Form“begründet worden, heißt es in einem Beschwerde­schreiben seines Anwalts an das Gericht. Und trotz etlicher Vergleiche und vorläufig erledigter Verfahren, „ist noch keines dieser Urteile rechtskräf­tig“, erinnert eine Prozessbet­eiligte. „Das mit den DSD-Rentnern wird sich daher noch sehr lange hinziehen.“

 ?? FOTO: DSD ?? Das frühere Gelände des Anlagenbau­ers DSD Dillinger Stahlbau. Mit der heutigen DSD Steel Group hat das alte Unternehme­n nichts mehr zu tun.
FOTO: DSD Das frühere Gelände des Anlagenbau­ers DSD Dillinger Stahlbau. Mit der heutigen DSD Steel Group hat das alte Unternehme­n nichts mehr zu tun.
 ?? FOTO: RUPPENTHAL ?? Reinhold Kirchaus Ensdorf, streitbare­r Betriebsre­ntnervon DSD
FOTO: RUPPENTHAL Reinhold Kirchaus Ensdorf, streitbare­r Betriebsre­ntnervon DSD

Newspapers in German

Newspapers from Germany