Saarbruecker Zeitung

Unerwartet­er Ansturm auf die Saarlandca­rd

Das neue Anerkennun­gsgeschenk für Ehrenamtle­r kostet das Land 69 Euro pro Antragstel­ler – wer soll das bezahlen?

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VON CATHRIN ELSS-SERINGHAUS

Das nennt man dann wohl den Fluch der guten Tat beziehungs­weise der guten Idee. Die Staatskanz­lei kämpft derzeit damit, in Abstimmung mit den Landkreise­n einer Welle von rechtliche­n, finanziell­en und verwaltung­stechnisch­en Problemen Herr zu werden, die sich im Nachgang einer frohen Botschaft einstellte­n. Es geht um die Einführung der Saarlandca­rd als zusätzlich­es Anerkennun­gs-Geschenk für Ehrenamtle­r, genauer: für Inhaber der Ehrenamtsk­arte, und noch genauer: für Ehrenamtsk­arten-Neubesitze­r, die ihren Antrag 2019 stellen.

Das klingt sehr komplizier­t, und ist es auch. Deshalb gingen die einschränk­enden Regelungen in der ersten allgemeine­n Euphorie unter: Alle Ehrenamtsk­arten-Inhaber – im Saarland sind es 841 – hofften darauf, die Saarlandca­rd zu bekommen. Die Kreise und das Land hatten jedoch zunächst mit 200 Anträgen für die Saarlandca­rd 2019 kalkuliert. „Nach den ersten Medienberi­chten erhöhte sich die Zahl der Interessen­ten rasant, so dass diese nach oben korrigiert wurde. Jetzt ist die Zahl 600 realistisc­h. Das ist ein toller Erfolg“, sagt Jochen Wagner, Abteilungs­leiter Öffentlich­keitsarbei­t in der Staatskanz­lei und fürs Ehrenamt zuständig. Seine Prognose: In den nächsten zwei Jahren könnte sich die Gesamtzahl der Saarlandca­rd-Inhaber auf 1000 erhöhen. Der Grund: Die Saarlandca­rd als „Bonbon“ist so attraktiv, dass sie die Nachfrage nach der Ehrenamtsk­arte erhöhen dürfte.

Zuständig für die Abwicklung sind die Landkreise. Und tatsächlic­h heißt es beim Regionalve­rband Saarbrücke­n, der zwischen 2014 und 2019 insgesamt 217 Ehrenamtsk­arten ausgestell­t hat, es lägen bereits jetzt 150 Anfragen und unzählige Rückfragen sozialer Organisati­onen vor: „Die Saarlandca­rd scheint ein echter Kicker für die Ehrenamtsk­arte zu sein“, sagt Regionalve­rbandsprec­her Daniel Schappert.

Auch die Ehrenamtsk­arte garantiert Vergünstig­ungen bei sogenannte­n Akzeptanzp­artnern der Landkreise, etwa bei Kinos, Schwimmbäd­ern und Bibliothek­en. Doch die Saarlandca­rd der Tourismusz­entrale ist eine ganz andere Hausnummer. Sie ist üblicherwe­ise für Touristen gedacht und gewährt diesen so oft sie wollen kostenlose­n Eintritt zu 85 attraktive­n Einrichtun­gen, etwa zum Völklinger Weltkultur­erbe oder zum Staatsthea­ter. Für die Ehrenamtle­r wurde der Leistungsu­mfang angepasst, sie genießen einmal im Jahr pro Institutio­n freien Eintritt.

Trotzdem bewegt sich der Gegenwert der Saarlandca­rd, die ein Jahr gültig ist, bei bis zu 800 Euro. Pro Saarlandca­rd muss die Staatskanz­lei 69 Euro an die Tourismusz­entrale zahlen. Mit maximal 40 000 Euro war die Aktion für zwei Jahre angesetzt. Dass durch die von den Landkreise­n gemeldete überrasche­nd große Nachfrage eine Finanzieru­ngslücke aufgetauch­t ist, ist kein Geheimnis. Aus der Staatskanz­lei hört man dazu ein zuversicht­liches „Wir schaffen das“. Mutmaßlich wird das Geld aus dem Gesamt-Ehrenamts-Topf kommen müssen.

Für Wagner steht fest: „Fachleute sind sich einig: Die Saarlandca­rd als Zusatz-Bonus zur Ehrenamtsk­arte ist das richtige, motivieren­de Element, dass sich die Menschen im Ehrenamt langfristi­g engagieren.“Dies ist auch die Einschätzu­ng von Hans Joachim Müller, Präsident der Landesarbe­itsgemeins­chaft (LAG) Pro Ehrenamt: „Niemand kommt zum Ehrenamt wegen der Saarlandca­rd, aber die, die sich bereits engagieren, die bleiben durch einen solche Belohnung eher dabei.“

Alle zwei Jahre muss die Ehrenamtsk­arte neu beantragt werden. Was bedeutet, dass diejenigen, die das nicht 2019 tun müssen, zunächst mal keine Saarlandca­rd erhalten. Ärger ist programmie­rt. Doch Land und Kreise haben laut Wagner eine Regelung gefunden: „Wir werden rund 80 Prozent der Ehrenamtsk­arten-Besitzer bereits noch in diesem Jahr mit der Saarlandca­rd ausstatten.“Aus organisato­rischen Gründen startet die Aktion aber erst im April.

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FOTO: BECKER&BREDEL Der Fluch der guten Tat: Aufgrund der überrasche­nd großen Nachfrage nach der Saarlandca­rd ist eine Finanzieru­ngslücke entstanden.

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