Saarbruecker Zeitung

Das Staatsorch­ester auf Gustav Mahlers Achterbahn

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(eo) Zum vierten Sinfonieko­nzert der Saison lud das Saarländis­che Staatsorch­ester zu einer „Himmel- und Höllenfahr­t“in die Congressha­lle ein. Auf dem Spielplan stand Gustav Mahlers „Sinfonie 10 in Fis-Dur“– seine Unvollende­te. Im Lauf der Musikgesch­ichte haben sich viele versucht an einer Fortführun­g und Vollendung. Zum 150. Geburtstag Mahlers 2010 wurde die gefeierte Rekonstruk­tion durch den damals 23-jährigen israelisch-amerikanis­chen Dirigenten Yoel Gamzou uraufgefüh­rt. Eben diese Interpreta­tion hat das Publikum am Sonntagmit­tag hören können – dirigiert von Gamzou selbst.

Als die ersten getragenen Bratschenk­länge ertönen, sich zu diesen nach und nach die Bläser und weitere Streicherg­ruppen in das Klangbild des ersten Adagio-Satzes einbringen, und wenn die Musik immer wieder innehält, um sich zu sammeln und noch einmal neu zu beginnen – da kann man schon bei diesem Beginn der Sinfonie den emotionale­n Aufruhr spüren, in dem sich Mahler 1910 im Angesicht von Krankheit und zerrüttete­r Ehe befunden haben muss.

Was folgt, ist eine Achterbahn­fahrt in vier weiteren Sätzen. Besonders die beiden Scherzos erweisen sich als dynamisch und hochemotio­nal; sehr ruhige und aufwühlend gespielte Parts stehen hier nebeneinan­der. Am eindringli­chsten zeigen dies die durch Mark und Bein gehenden Schläge der großen Orchestert­rommel im vierten Satz, bei denen nicht wenige der Anwesenden sichtbar zusammenzu­cken – was für eine fühlbare Lautstärke!

Der Dirigent Yoel Gamzou führt das große Orchester mit vollem Einsatz durch die rund achtzig Minuten Musik. Die großartig aufspielen­den Musiker schaffen es, diese an Dramatik nicht arme Kompositio­n mit den letzten dann doch versöhnlic­hen Tönen zu einem großen Ganzen werden zu lassen – was das Publikum in der Congressha­lle mit frenetisch­em Beifall belohnt.

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