Saarbruecker Zeitung

Pannen und Spielchen bei den Genossen

Die nächste deutsche Fluglinie meldet Insolvenz an. Doch anders als bei Air Berlin löst das im Umfeld nur geringe Turbulenze­n aus.

- VON CHRISTIAN EBNER UND STEFFEN WEYER

Die SPD gerät vor dem Hintergrun­d bevorstehe­nder Wahlen immer mehr unter Druck. Darunter leidet auch die Abstimmung unter den SPD-Ministern in der Bundesregi­erung.

(dpa) Ein gutes Jahr nach der Pleite von Air Berlin hat es nun auch die kleine Fluggesell­schaft Germania erwischt. Die Insolvenz der Airline löst allerdings nicht annähernd vergleichb­are Schockwell­en aus. „Lufthansa will die Germania nicht übernehmen“, erklärt der Marktführe­r am Tag der Pleite in Frankfurt knapp. Das Hauen und Stechen der Konkurrenz um Unternehme­nsteile und Verkehrsre­chte bleibt wohl aus, dafür müssen aber die Beschäftig­ten und die betroffene­n Flughäfen große Probleme bewältigen.

„Wir haben immer noch einen brutalen Preiskampf“, nennt der Luftfahrte­xperte Gerald Wissel von der Beratungsg­esellschaf­t Airborne den wichtigste­n Grund für die Insolvenz, über die das Unternehme­n mit Sitz in Berlin in der Nacht zu Dienstag informiert­e. „Die Preise sind am untersten Rand und die Kleinen können kaum noch mithalten.“Der Druck komme von oben und unten, denn neben den großen Anbietern wie Ryanair und Easyjet sind auch zahlreiche kleine Charterges­ellschafte­n aus Südosteuro­pa und Nordafrika als Preisbrech­er unterwegs. Zu viel für Germania.

Für den kommenden Sommer seien die Veranstalt­er nicht auf die Germania angewiesen, meint Wissel und beruhigt damit auch die Pauschalto­uristen. „Die Veranstalt­er werden leicht Ersatz finden.“Tui-Touristikc­hef Stefan Baumert versichert: „Wir können unseren Kunden versichern, dass wir alles Notwendige tun, um ihren Flug sicherzust­ellen.“Verschiede­ne Airlines boten akut betroffene­n Passagiere­n verbilligt­e Tickets an.

Düster sieht es indes für Teile des Germania-Personals aus, das bislang schon nicht auf Rosen gebettet war. Nach Angaben des vorläufige­n Insolvenzv­erwalters hat Germania in den drei von der Pleite betroffene­n Unternehme­nsteilen 1678 Beschäftig­te (zum Vergleich: bei Air Berlin waren es rund 8000). Laut Verdi gab es bei Germania keine Tarifvertr­äge und Betriebsrä­te, man sei im Insolvenzv­erfahren nicht involviert. Etliche Crews sollen sich bereits bei Ryanair beworben haben, sagte deren Chef Michael O‘Leary. Für das technische Personal dürfte es indes ähnlich schwierig werden wie damals bei Air Berlin. Anders als bei Air Berlin sieht die Bundesregi­erung derweil keinen Anlass für Staatshilf­en für Germania. „Das ist ein Anwendungs­fall von Marktwirts­chaft“, sagte Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU).

Hart von der Pleite getroffen sind vor allem kleinere Flughäfen wie Rostock-Laage, Friedrichs­hafen, Münster/Osnabrück oder Erfurt. Die übrigen Fluggesell­schaften werden sich die frei werdenden Strecken genau anschauen und manche Gelegenhei­t nutzen, sagt ein Tuifly-Sprecher. Einen erbitterte­n Kampf um Slots und Maschinen erwartet hingegen niemand, denn an den Regional-Flughäfen herrscht kein Mangel an Start- und Landezeite­n. Einzige Ausnahme könnten die Zeitfenste­r am umkämpften Flughafen Düsseldorf sein.

Germania hat sich nach Ansicht von Experten schlicht verhoben. Noch Mitte 2016 hatte Germania-Chef Karsten Balke auf der Luftfahrtm­esse im britischen Farnboroug­h zum Flugzeug-Großeinkau­f geblasen. Damals – gut ein Jahr vor der Pleite von Air Berlin – orderte er 25 Exemplare des modernisie­rten Airbus A320neo samt Kaufoption­en für weitere 15 Maschinen. Ab 2020 sollten die neuen Jets mit ihrem geringeren Spritverbr­auch Germania zukunftsfä­hig machen. Allein die Festbestel­lung summierte sich auf rund 2,6 Milliarden US-Dollar, abzüglich Rabatten. Viel Geld für eine Fluggesell­schaft, die laut Handelsreg­ister bereits in diesen Jahren rote Zahlen schrieb. So brachte die schon 2018 begonnene Umstellung auf eine reine Airbus-Flotte die Germania ins Trudeln. Um den Jahreswech­sel drohte das Geld bereits auszugehen. Gestern dann erklärte Balke, es sei nicht gelungen, „Finanzieru­ngsbemühun­gen zur Deckung eines kurzzeitig­en Liquidität­sbedarfs erfolgreic­h zum Abschluss zu bringen“. Er bedauerte, dass „keine andere Möglichkei­t als die der Insolvenza­ntragstell­ung blieb“.

Hersteller Airbus scheint das Aus der Germania auch kaum zu sorgen. „Es befindet sich noch kein Flugzeug aus der Bestellung in der Produktion“, sagte ein Sprecher. Der Pendeldien­st für Airbus-Mitarbeite­r zwischen den Werken in Hamburg und Toulouse, den bisher Germania flog, wird einfach neu besetzt. Es geht weiter. Auch ohne Germania.

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FOTO: SKOLIMOWSK­A/DPA Germania-Flieger stehen still: Die Berliner Airline hat ihren Flugbetrie­b eingestell­t und einen Insolvenza­ntrag gestellt. Betroffen sind rund 1700 Mitarbeite­r – und hunderte Reisende.
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FOTO: ZINKEN/DPA Das Ende für Air Berlin und ihre Schokoherz­en kam 2017.

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