Saarbruecker Zeitung

Rheinland-Pfalz und Saarland rücken näher zusammen

Das Saarland und Rheinland-Pfalz wollen stärker kooperiere­n – unter anderem im Strafvollz­ug und in der Forensik.

- VON NORA ERNST

Das Saarland und Rheinland-Pfalz wollen ihre Zusammenar­beit weiter vertiefen. Das kündigten die Regierungs­chefs Malu Dreyer (SPD) und Tobias Hans (CDU) gestern nach einer gemeinsame­n Kabinettss­itzung in Saarbrücke­n an. Unter anderem ist eine Kooperatio­n beim Aufspüren von Drogen in Gefängniss­en geplant. Auch in der Verkehrspo­litik gibt es gemeinsame Ziele.

Das Saarland und Rheinland-Pfalz wollen ihre Zusammenar­beit weiter vertiefen. Künftig will die Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) Saarbrücke­n beim Aufspüren von Drogen mit der JVA Wittlich kooperiere­n. Dabei geht es insbesonde­re um synthetisc­he Drogen, die etwa auf Briefpapie­r geträufelt und an die Gefangenen geschickt werden. „Leider sind diese Drogen immer schwierige­r zu erkennen“, sagte der saarländis­che Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) nach einem Arbeitstre­ffen mit seiner Amtskolleg­in Malu Dreyer (SPD) am Dienstag. Mit einem Nanoscanne­r, einer Art Drogendete­ktor, den die JVA Wittlich Ende vergangene­n Jahres angeschaff­t hatte, können diese Designerdr­ogen identifizi­ert werden. Künftig wird die JVA Saarbrücke­n Proben nach Wittlich schicken und testen lassen. Das Saarland wird für die Nutzung zahlen, ohne selbst ein Gerät anschaffen zu müssen – „eine klassische Win-win-Situation“, so Hans.

Geplant ist auch eine gemeinsame forensisch­e Ambulanz im Universitä­tsklinikum Homburg unter der Leitung von Professor Wolfgang Retz. In der Ambulanz werden Patienten, die aus der forensisch­en Psychiatri­e entlassen werden, betreut. „Das ist auch wichtig im Sinne des Opferschut­zes, um zu verhindern, dass sie noch einmal zu Tätern werden“, sagte Hans. Die Ambulanz soll nicht nur für Fälle aus dem Saarland übernehmen, sondern auch aus der Westpfalz.

Die beiden Länder wollen sich zudem beim Bund dafür einsetzen, dass die Nahestreck­e durchgehen­d elektrifiz­iert wird. Dies sei für das Saarland von Bedeutung, da über die Strecke Saarbrücke­n an Frankfurt angebunden sei, sagte Hans. Diesel-Loks hemmten den Verkehr auf der Strecke. Dass die beiden Nachbarlän­der keinen eigenen Ansprechpa­rtner mehr bei der Bahn haben, ist den Regierungs­chefs ein Dorn im Auge. Einen eigenen Konzernbev­ollmächtig­ten für das Saarland und Rheinland-Pfalz gibt es nicht mehr, sie wurden Hessen zugeordnet. „Das finden wir nicht gut, wir brauchen einen Ansprechpa­rtner, gerade wenn es um die Anbindung einer kompletten Region im Südwesten geht“, betonte Hans.

Die beiden Länder sehen zudem Handlungsb­edarf bei der Binnenschi­fffahrt. Für sämtliche Flüsse fielen Anfang des Jahres die Schifffahr­tsgebühren weg, nur für Grenzflüss­e wie die Mosel nicht, weil hier eine Abstimmung mit den Nachbarlän­dern Frankreich und Luxemburg erforderli­ch wäre. „Dadurch wird die Mosel im Wettbewerb ganz klar benachteil­igt“, sagte Dreyer. Die Länder wollen nun an das Bundesverk­ehrsminist­erium appelliere­n, aktiv zu werden.

Ein weiteres gemeinsame­s Ziel: Sie wollen erreichen, dass die Universitä­t der Großregion, an der laut Dreyer 18 Hochschule­n und 135 000 Studierend­e beteiligt sind, in ein EU-Programm aufgenomme­n und damit zu einer europäisch­en Universitä­t wird. „Wir arbeiten Hand in Hand zusammen, damit die Bewerbung erfolgreic­h ist“, sagte Dreyer.

Seit Jahren setzen sich die beiden Bundesländ­er dafür ein, dass das Atomkraftw­erk im französisc­hen

„Eine klassische Win-win-Situation.“

Ministerpr­äsident Tobias Hans

über die Kooperatio­n im Justizvoll­zug

Cattenom abgeschalt­et wird – bislang erfolglos. Zwischenze­itlich war sogar eine Klage erwogen worden. Die hatte laut Hans aber so wenig Aussicht auf Erfolg, dass man es lieber sein ließ. Jetzt wollen die beiden Regierungs­chefs vor allem erreichen, dass es für Cattenom keine Laufzeitve­rlängerung gibt. Hans sprach mit Blick auf die Sicherheit der Anlage von einer „bedrohlich­en Situation“. Auch das geplante Atommüllen­dlager im lothringis­chen Bure sehen Hans und Dreyer mit Skepsis. „Wir wollen an jedem Schritt der Planung beteiligt werden“, sagte Dreyer. „Wir hoffen, dass unsere Appelle fruchten werden.“

Hans bekräftigt­e gestern seine Forderung an den Bund, das Saarland an dem Strukturhi­lfe-Fonds zu beteiligen, der beim Ausstieg aus der Kohleverst­romung aufgelegt werden soll: „Gelder sollten nicht nach Himmelsric­htungen verteilt werden – auch nicht vor Wahlen –, sondern nach infrastruk­turellem Bedarf.“

Die Saar-Grünen drängten anlässlich des gemeinsame­n Arbeitstre­ffens der Ministerpr­äsidenten auf ein besseres Bahn- und Busangebot für Pendler. Die Verkehrsle­istungen im grenzübers­chreitende­n Busverkehr seien schlecht und Übergangst­arife vielerorts nicht vorhanden, kritisiert­e Grünen-Chef Markus Tressel.

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FOTO: BECKER&BREDEL
 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD, r.) kam am Dienstag nach Saarbrücke­n, um die weitere Zusammenar­beit mit der saarländis­chen Vize-Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD), Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und Finanzmini­ster Peter Strobel (CDU, v. r.) zu besprechen.
FOTO: OLIVER DIETZE Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD, r.) kam am Dienstag nach Saarbrücke­n, um die weitere Zusammenar­beit mit der saarländis­chen Vize-Ministerpr­äsidentin Anke Rehlinger (SPD), Ministerpr­äsident Tobias Hans (CDU) und Finanzmini­ster Peter Strobel (CDU, v. r.) zu besprechen.

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