Saarbruecker Zeitung

Russland will bald neue Atomrakete­n bauen

Die Waffen sollen mehr als 500 Kilometer fliegen können – eine Reichweite, die der gekündigte INF-Abrüstungs­vertrag nicht erlaubte.

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(dpa) Nach dem Aussetzen des wichtigen INF-Abrüstungs­vertrags für atomar bestückbar­e Mittelstre­ckenwaffen durch die USA und Russland will Moskau schnell neue Raketen mit höherer Reichweite bauen. „Jetzt kommt es darauf an, die Reichweite der heute zu entwickeln­den bodengestü­tzten Raketensys­teme zu erhöhen“, sagte Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu gestern nach Beratungen in seinem Ministeriu­m. Präsident Wladimir Putin hatte die Entwicklun­g neuer Waffen bereits am Samstag angekündig­t. Es geht nach seinen Worten um neue, landgestüt­zte Hyperschal­l-Mittelstre­ckenrakete­n.

Die Entwicklun­g solcher Waffen solle bereits in Kürze beginnen, erklärte Schoigu. Einen genauen Zeitpunkt nannte er nicht. Sie sollten weiter als 500 Kilometer fliegen können – der INF-Vertrag erlaubte eine solche Reichweite nicht. Als Zeitraum für die Entwicklun­g nannte Schoigu dieses und nächstes Jahr. Russland hatte bereits Ende vergangene­n Jahres einen neuen Raketentyp mit Hyperschal­lgeschwind­igkeit bei einem Test von einer Basis südlich des Urals abgefeuert. Die Interkonti­nentalrake­te könne mit 20-facher Schallgesc­hwindigkei­t fliegen und nicht abgefangen werden, hieß es. Die Rakete „Avantgarde“solle bald in Dienst gestellt werden, kündigte Putin damals an. Damit werde die Sicherheit seines Landes in den kommenden Jahrzehnte­n gewährleis­tet.

Die USA und Russland hatten das mehr als 30 Jahre alte Abkommen über das Verbot landgestüt­zter atomarer Mittelstre­ckenrakete­n am Wochenende nacheinand­er ausgesetzt, weil sie sich gegenseiti­g Verstöße dagegen vorwerfen. Es bleibt aber noch eine halbjährig­e Kündigungs­frist, um den Vertrag doch noch zu retten. Die Abkürzung INF steht für „Intermedia­te Range Nuclear Forces“, auf Deutsch: nukleare Mittelstre­ckensystem­e. Konkret werfen die Amerikaner und die Nato den Russen immer wieder vor, mit ihren Raketen vom Typ 9M729 (Nato-Code: SSC-8) gegen den Vertrag zu verstoßen, weil sie weiter fliegen als erlaubt. Russland bestreitet dies und sagt, die Marschflug­körper hätten eine Reichweite von maximal 480 Kilometern.

Nach Angaben von Schoigu will Russland zudem seine Militärsat­elliten im Weltall umrüsten. „Die Erfahrung in Syrien zeigt, dass für einen effiziente­n Einsatz von Präzisions­waffen detaillier­te Karten notwendig sind.“Solche Daten könnten nur mit modernen Satelliten gewonnen werden, die die Erdoberflä­che überwachte­n, erklärte der Minister. Es gehe dabei etwa um Kameras mit höherer Auflösung.

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FOTO: PAVEL GOLOVKIN/AP/DPA Das russische Militär präsentier­te bereits im Januar in der Nähe von Moskau eine neue Mittelstre­ckenrakete.

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