Saarbruecker Zeitung

Altmaier will mehr deutsche Champions

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier sieht sich als Anwalt der Industrie und will notfalls mehr staatliche Eingriffe, um Übernahmen etwa aus China zu stoppen.

- Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Joachim Wollschläg­er

nun das Sagen hat. Altmaier sagte, im Wettbewerb zwischen Asien, den USA und Europa sei es notwendig, neue „nationale wie europäisch­e Champions“zu schaffen. Altmaier will die Strategie nun mit Politik, Unternehme­n, Verbänden und Gewerkscha­ften beraten. Am Ende soll eine neue Industries­trategie der Bundesregi­erung stehen.

Peter Altmaier

Der Minister will auch durch verlässlic­he Rahmenbedi­ngungen, wie vertretbar­e Energiepre­ise, niedrige Steuern und eine Abgabenlas­t unter 40 Prozent Konzerne in Deutschlan­d stärken und angesichts der Konkurrenz gerade mit China die Weichen für einen Erhalt von Wohlstand und Arbeitsplä­tzen stellen. Es sei Anlass zur Sorge, dass in Deutschlan­d kaum noch neue Großkonzer­ne entstehen, „stattdesse­n frühere Weltmarktf­ührer wie AEG oder Grundig schon lange ihre Stellung verloren haben“, heißt es in dem Papier. In den USA und China seien dagegen „in den letzten 20 Jahren zahlreiche neue große Weltmarktk­onzerne entstanden.“Dadurch entstehe neue Wertschöpf­ung.

Altmaier gab als Ziel aus, dass der Anteil der Industrie an der Bruttowert­schöpfung bis 2030 auf 25 Prozent und in der EU auf 20 Prozent steigen soll. Er wandte sich gegen Vorwürfe, dass der Staat hier zu sehr eingreifen wolle. „Wir haben in letzter Zeit zu viel über die kleinen Fragen dieses Landes diskutiert und zu wenig über die großen Fragen.“Ohne China beim Namen zu nennen, sprach er von einem aggressive­n Auftreten einiger Staaten. Die Bundesregi­erung hat als Antwort auf einen versuchten Einstieg eines chinesisch­en Staatskonz­erns beim großen Stromnetzb­etreiber 50Hertz bereits die Hürden für Einstiege in sensiblen Branchen erhöht.

Es gebe eine gewaltige Dynamik in den neuen Industriez­weigen, etwa bei der Elektromob­ilität, der Digitalisi­erung und bei der Künstliche­n Intelligen­z, der nach Meinung von Experten „größten Innovation seit Erfindung der Dampfmasch­ine“. Wer die Entwicklun­g verschlafe, werde „die verlängert­e Werkbank der Anderen sein“. Zugleich betonte er: „Ich bin ein überzeugte­r Anhänger der sozialen Marktwirts­chaft, und ich bin ein Bewunderer von Ludwig Erhard.“

In Deutschlan­d führt er als Vorbilder Siemens, Thyssen-Krupp, die Autoherste­ller und die Deutsche Bank an, als Erfolgsges­chichte auf EU-Ebene den Flugzeugba­uer Airbus. Um deren Zukunft zu sichern, sollen Fusionen und Übernahmen leichter möglich sein. Aber ein solches, vor der Entscheidu­ng stehendes Projekt könnte scheitern: Kreisen zufolge will die EU-Kommission die geplante Zugfusion von Siemens und Alstom heute untersagen. Altmaier betonte, gerade in die Zuginfrast­ruktur in Europa müsse massiv investiert werden.

Schon früher gab es Versuche für Bündnisse zwischen Politik und Industrie. Nun will Altmaier eine dauerhafte Staatsstra­tegie. Man müsse vom passiven Beobachter einer Entwicklun­g wieder zu einem Gestalter und Akteur werden. „Das ist unser Anspruch.“Es gehe darum, Wertschöpf­ung im Land zu stärken, im Autosektor zum Beispiel durch einen finanziell­en Anschub für den Aufbau der Batterieze­llenproduk­tion in Deutschlan­d. Altmaier, der als Umweltmini­ster mit groß angekündig­ten Aufschläge­n wie dem Konzept einer Strompreis­bremse wenig erfolgreic­h war, zeigte sich optimistis­ch für die Umsetzung seiner neuen Vorschläge. Das Papier sei „mit viel Liebe und Nachdenken geschriebe­n“worden.

„Wir haben in letzter

Zeit zu viel über die kleinen Fragen dieses Landes diskutiert und zu wenig über die

großen Fragen.“

Bundeswirt­schaftsmin­ister

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FOTO: BERND VON JUTRCZENKA/DPA Wirtschaft­sminister Peter Altmaier gibt als Ziel aus, den Anteil der Industrie an der Wertschöpf­ung auf ein Viertel zu steigern.

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