Saarbruecker Zeitung

Schneidewi­nds Privat-Detektiv war der teuerste

Vom Gericht bestellter Gutachter beziffert möglichen Schaden zum Nachteil der Stadt Homburg auf mehr als 140 000 Euro.

- VON MICHAEL JUNGMANN

Es war eine Begegnung der besonderen Art, die am Dienstag in der Kantine des Wirtschaft­sministeri­ums zu beobachten war. Zwei Männer, die jahrelang an der Verwaltung­sspitze der Kreisstadt Homburg zusammen gewirkt haben, treffen sich zufällig. Beide stehen jetzt als Angeklagte vor unterschie­dlichen Strafkamme­rn beim benachbart­en Landgerich­t. In einer Verhandlun­gspause begegnen sich Ex-Oberbürger­meister Karlheinz Schöner (CDU) und sein Nachfolger Rüdiger Schneidewi­nd (SPD), der in Schöners Amtszeit Beigeordne­ter war. Beide würdigen sich keines Blickes. Kein Gruß, kein Handschlag. Schöner verlässt die Kantine schnell wieder.

Im Untreue-Prozess gegen den amtierende­n Rathausche­f Schneidewi­nd, der sich verantwort­en muss, weil er Bauhofmita­rbeiter fast vier Wochen lang für rund 330 000 Euro von einer Düsseldorf­er Detektei hat überwachen lassen, hatte wenig später ein Wirtschaft­sprüfer als Sachverstä­ndiger das Wort. Der Gutachter aus Frankfurt, spezialisi­ert auf Schadensbe­rechnungen, war von den Richtern beauftragt, zu prüfen, ob der von Schneidewi­nd persönlich beauftragt­e Detektiv überhaupt zu marktüblic­hen Preisen gearbeitet hat. 1331 Stunden zu insgesamt mindestens 125 Euro sollen abgerechne­t worden sein. 26 780 Kilometer wurden zu 1,30 Euro berechnet. Stadt und Detektei streiten derzeit in Düsseldorf über eine Teilsumme vor dem Landgerich­t.

Der Experte hatte auf Basis der Anfang 2016 abgerechne­ten Preise mehr als zwei Jahre später bei 62 Detekteien Angebote angeforder­t. Die Legende: Er suche für einen Mandanten im Saarland Privatermi­ttler. 37 Antworten gingen ein. Keines war teurer als die Düsseldorf­er Firma. Der Gutachter kalkuliert­e schließlic­h mit einem Stundensat­z von durchschni­ttlich 69 Euro, den acht Anbieter angegeben hatten. So kam er „nach bestem Wissen und Gewissen“zu dem Fazit, dass der Stadt Homburg ein wahrschein­licher Netto-Schaden in Höhe von 141 000 Euro entstanden ist. Bei Berücksich­tigung aller Anbieter errechnete er im günstigste­n Fall einen Schaden von 73 000 Euro, im ungünstigs­ten Fall von 173 000 Euro plus Umsatzsteu­er.

Schneidewi­nd selbst hatte zuvor in einer weiteren Erklärung vor Gericht wiederholt, er werde nie mehr in seinem Leben einen Detektiv beauftrage­n. Der OB widersprac­h teilweise Angaben, die der Detektei-Chef und der Leiter des Homburger Rechtsamte­s als Zeugen gemacht hatten. Verteidige­r Joachim Giring, der starke Zweifel an der Seriosität des eingesetzt­en Ermittlerb­üros hegt, meinte, sein Mandant sei „über den Tisch gezogen“worden. Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetz­t.

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