Vier-Stunden-Stück in vier Sprachen fragt nach Identität
„Tous les oiseaux“dreht sich um religiöse und politische Konflikte nicht nur im Nahen Osten. Das Erfolgsstück ist morgen in Forbach zu sehen.
Ein Abend wie geschaffen für deutsches Publikum, findet Uli Menke, der als Mouawads Übersetzer die Produktion fast von Anfang an begleitet hat. Denn in „Vögel“gehe es nicht nur um den israelisch-palästinensischen Konflikt, sondern auch um deutsche Geschichte – einer der vielen Schauplätze des Stücks ist Berlin. Dort leben Norah, die in der DDR aufgewachsen ist, und erst nach dem Mauerfall zur ihrem Judentum findet, und ihr Mann David, der nach dem Krieg mit seinem Vater aus Israel hierher zurückgekehrt ist. Dass David ein Hardcore-Zionist ist, sorgt für die Dramatik in dieser generationenund länderübergreifenden Familiengeschichte. Davids Sohn Eitan, ein Naturwissenschaftler, verliebt sich nämlich in New York in Wahida. Doch wegen ihrer arabischen Wurzeln will Vater David von dieser Verbindung nichts wissen, es kommt zum Eklat
Eitan, der als rationaler Genetiker an die Freiheit des Individuums glaubt und nicht an irgendwelche ethnisch-religiösen Identitäten, die es fortzuschreiben gelte, fängt tief verletzt an zu forschen. Als ihm Genproben eröffnen, dass sein Vater nicht der Sohn seines Großvaters ist, reist er mit Wahida nach Israel, um die Großmutter zu diesem Familiengeheimnis zu befragen – und fällt nach einem Bombenanschlag ins Koma.
In diesem Stück, das die politisch-ideologischen Konflikte auf die Ebene einer Familie überträgt, gebe es einen „Grundzorn“, der sich über die Szenen lege, der ihm auch eine ungeheure Energie gebe, sagt Menke. Da Mouawad in diesem Stück zentral die Frage nach der Identität stelle – was sie überhaupt ist, was sie prägt, ob sie nicht nur ein Konstrukt ist – habe er sich dafür bewusst auch Schauspieler mit vielfältigen Hintergründen gesucht. Deutsche, Schweizer, Portugiesen, ein in Frankreich lebender Syrer, vier Israelis. Ihnen habe Mouawad viel zugehört, um von ihnen zu lernen, auch ihre verschiedenen Schauspiel-Kulturen einfließen lassen, sagt Menke. Zusammen mit anderen Übersetzern musste der deutsche Menke schon während der Proben die sich weiterentwickelnden Dialogfassungen in die einzelnen Sprachen übertragen.
Für die Zuschauer sei es aber nicht schwierig, das Bühnengeschehen zu verstehen, versichert Menke, rund die Hälfte der Dialoge sei auf Englisch, ein Viertel auf Deutsch. Zusätzlich gibt es ja auch noch die französischen Übertitel, die Menke bei den Aufführungen live steuert, nicht nur in Forbach. In Paris wo die Vorstellungen laut Menke immer ausverkauft waren, hätten sogar Schulklassen das immerhin fast vierstündige Stück bis zum Schluss mit Spannung verfolgt. Vor dem Gastspiel in Tel Aviv war die Truppe „ganz aufgeregt“, doch das israelische Publikum sei sehr offen gewesen. 15 Stücke Mouawads hat Menke inzwischen schon ins Deutsche übertragen.
Karten nur noch für morgen, 20 Uhr, Le Carreau Forbach. Karten unter
Tel. (00 33) 3 87 84 64 30. Infos unter: www.carreau-forbach.com