Saarbruecker Zeitung

Bald 80 Jahre und kein bisschen leise

Am Sonntag, 10. Februar, feiert der Cartoonist und Grafiker Kurt Heinemann aus dem Völklinger Stadtteil Geislauter­n runden Geburtstag. Öffentlich, mit vielen Gästen: Dann beginnt nämlich in Saarbrücke­n eine Ausstellun­g.

- Produktion dieser Seite: Alexander Stallmann, Doris Döpke, Matthias Zimmermann

Nachbar, mit dem man plaudern, in der Kneipe sitzen, lachen und über Fußball fachsimpel­n kann, gerne auch über die Belange der örtlichen Mannschaft. Und den man ohne Zögern fragt, wenn man für eine lokale Firma oder einen Verein ein pfiffiges Logo braucht – „de Kurt“hat da ein offenes Ohr. Zugleich ist Kurt Heinemann in der internatio­nalen Zeichner-Szene zu Hause; dort genießt er Respekt und Wertschätz­ung, hat für den einen oder anderen Cartoon Auszeichnu­ngen erhalten.

Nach der Ausbildung an der Saarbrücke­r Schule für Kunst und Handwerk ist Kurt Heinemann erstmal in die Welt gezogen, nach New York, nach Paris. Ist dann zurückgeke­hrt nach Geislauter­n, wo er seine Kindheit verbracht hat. Mit allem, was damals dazugehört­e, kollektive Kloppereie­n der Geislauter­ner Jungs mit den ungeliebte­n Wehrdener Nachbarn inklusive; davon kann er lebhaft erzählen, und es klingt nicht übertriebe­n – und nicht verklärt, sympathisc­h ist’s ihm in der Rückschau nicht. Aber vor Jahrzehnte­n waren derlei Nachbar-Feindselig­keiten halt Tradition, ohne viel Nachdenken fortgeführ­t.

Sowas ist Kurt Heinemanns Sache nicht. Etwas tun, bloß weil es schon immer so war? Nein. In seinen Zeichnunge­n fordert er zum Selberdenk­en auf, mischt sich ein. In einem Bilder-Streifen mit dem Text „Meiner ist ganz lieb“hat er zum Beispiel die überkandid­elte Liebe zu PS-starken Autos ironisch aufs Korn genommen. Anderswo den desolaten Zustand der Völklinger Innenstadt und die Völklinger Neigung, mehr zu jammern als zu handeln. Und auch zur Völklinger Debatte um die Benennung des Stadtteils Röchlinghö­he hat er Position bezogen: Röchling als Namenspatr­on ist für ihn nur in einem Sinne „würdig“, nämlich „frag-würdig“. Heinemann kann da manchmal ganz schön auf die Pauke hauen. Und manchmal ganz schön um die Ecke denken. Aber er riskiert da einfach was. Und das hat mit seinem Zeichner-Selbstvers­tändnis zu tun: „Ich zeichne Cartoons, keine Karikature­n“, sagt er.

Wobei ihn nicht nur Alltäglich­es und Lokales umtreibt. Sondern auch das Erstarken rechter Strömungen, das in jüngster Zeit zu beobachten ist. Diesen Aspekt seiner Arbeit rückt die Arbeitskam­mer in der Ausstellun­g, mit der sie seinen 80. Geburtstag feiert, in den Blickpunkt. „Alte Nazis und die neuen Rechten“lautet das Thema der Ausstellun­g mit Cartoons und Zeichnunge­n von Kurt Heinemann, die am Sonntag, 10. Februar, in der Arbeitskam­mer des Saarlandes (Trierer Straße 22, 66111 Saarbrücke­n) beginnt. Vernissage ist um 11 Uhr. „Aktivist mit Farbe und Stift“hat der saarländis­che Kulturmini­ster Ulrich Commerçon die Laudatio überschrie­ben, die er halten wird. Geöffnet ist die Schau bis 29. März, jeweils von 8 bis 16 Uhr, freitags bis 15 Uhr.

wird um Anmeldung gebeten: oeffentlic­hkeitsarbe­it@arbeitskam­mer.de

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CARTOON: KURT HEINEMANN „Labyrinth“: Wo es im Kopf so viel Wirrnis, so viele Sackgassen und Irrwege gibt, ist der Schritt zur Gewalttäti­gkeit ganz klein.
 ?? CARTOON: KURT HEINEMANN ?? Preisgekrö­nt: Dieser Cartoon entstand 2007 während eines internatio­nalen Wettbewerb­s zum Thema „Homo sapiens?“. Und erfuhr auch danach noch mehrfach internatio­nale Anerkennun­g.
CARTOON: KURT HEINEMANN Preisgekrö­nt: Dieser Cartoon entstand 2007 während eines internatio­nalen Wettbewerb­s zum Thema „Homo sapiens?“. Und erfuhr auch danach noch mehrfach internatio­nale Anerkennun­g.
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ARCHIVFOTO: PASQUALE D‘ANGIOLILLO/ AK Kurt Heinemann

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