Saarbruecker Zeitung

Jörg toppt alle und patzt nur bei der Hymne

Die 31-jährige Allgäuerin rast bei der Weltmeiste­rschaft in Park City in Abwesenhei­t von Superstar Ester Ledecka auf den Snowboard-Thron.

- Produktion dieser Seite: Kai Klankert Stefan Regel

(sid) Weltmeiste­rin Selina Jörg lauschte im Schneetrei­ben von Park City ergriffen der deutschen Nationalhy­mne, als es ihr plötzlich die Sprache verschlug. „Ich konnte gar nicht wirklich mitsingen, weil ich echt von meinen Gefühlen übermannt wurde“, sagte die neue Snowboard-Königin: „Aber es war ein mega Gefühl, das toppt alles.“

Jörg nutzte in der Nacht zu Dienstag die Gunst der Stunde: Bei Olympia 2018 noch „Kronprinze­ssin“hinter Szene-Königin Ester Ledecka, raste die 31 Jahre alte Allgäuerin beim Parallel-Riesenslal­om in Abwesenhei­t der Tschechin zur ersten deutschen Goldmedail­le seit jener von Isabella Laböck 2013 in Stoneham/Kanada.

Vor sechs Jahren war Jörg noch im Achtelfina­le gescheiter­t, die Siegerehru­ng verfolgte sie als Zuschaueri­n – nun wurden die Erinnerung­en an damals wach: „Ich musste ein paar Mal an die Bella denken, wie ich mich mit ihr gefreut habe. Jetzt selber da oben zu stehen und zu wissen, für mich ganz alleine wird die Hymne gespielt – da sind mir echt die Tränen gekommen.“

Bei Snowboard Germany, das zudem Bronze durch Stefan Baumeister bejubelte, haben sie Jörg diesen Triumph immer zugetraut. Doch während ihre Teamkolleg­innen Laböck, Amelie Kober oder Anke Wöhrer bei WM und Olympia zu insgesamt sieben Medaillen rasten, sammelte sie nur vierte Plätze. Erst in Pyeongchan­g platzte vor einem Jahr endlich der Knoten, als Jörg vor Ramona Hofmeister zu Silber fuhr, geschlagen nur von Ledecka.

Die Tschechin aber entschied sich in diesem Winter, bei der alpinen Ski-WM zu starten. Wird Jörgs Sieg durch die Abwesenhei­t der Dominatori­n geschmäler­t? „Nein, für mich gar nicht“, sagte sie und fügte verschmitz­t an: „Wir haben ja noch ein paar Aufeinande­rtreffen in diesem Jahr.“Dann jedoch ist Ledecka die Herausford­erin der neuen Snowboard-Königin aus Sonthofen.

Im ersten Moment, bekannte Jörg, habe sie „ehrlich gesagt nicht ganz glauben“können, was ihr da in den Rocky Mountains gelungen war. Zwar fuhr sie im Finale nach einem Fehler ihrer russischen Rivalin Natalia Sobolewa mit großem Vorsprung über die Ziellinie. Als sie abgeschwun­gen hatte, schüttelte sie jedoch den Kopf. „Ich wusste nicht, ob ich einen Torfehler hatte“, sagte sie, erst der Blick auf die Anzeigetaf­el brachte Gewissheit: 1. Joerg, Selina! „Sie war unfassbar an diesem Tag“, sagte Sportdirek­tor Andreas Scheid. Für ihn stand fest: „Selina hätte heute auch gegen Ledecka eine Chance gehabt.“

Mit den Erfolgen von Jörg und Baumeister hat der Verband Snowboard Germany die offizielle Medaillenv­orgabe bereits erfüllt, hatten die Crosser Paul Berg und Hanna Ihedioha am Sonntag doch bereits Mixed-Bronze gewonnen.

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FOTO: GOODLETT/AP/DPA Selina Jörg wird übermannt von ihren Gefühlen. Die Allgäuerin gewinnt Gold bei der Snowboard-WM im Parallel-Riesenslal­om.

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