Saarbruecker Zeitung

Was Altmaier und Maas in Berlin fürs Saarland rausholen

Die Opposition kritisiert, Peter Altmaier und Heiko Maas setzten sich zu wenig fürs Saarland ein. Die SZ fragte beide: Was hat das Saarland von Ihrer Arbeit?

- VON DANIEL KIRCH

Wenn Oskar Lafontaine im Landtag ans Rednerpult tritt, beginnt nicht selten eine Reise in die Vergangenh­eit. Der Fraktionsc­hef der Linken erzählt gerne von früheren Jahrzehnte­n, als das Land – so sieht er es – noch einen Ministerpr­äsidenten hatte, der mit seinem Einfluss im Bund viel Gutes fürs Saarland bewirken konnte. Heute wirft er den Bundesmini­stern aus dem Saarland vor, dass sie schnarchen, wenn es um saarländis­che Interessen geht. Dass die Bahn eine Entscheidu­ng zum Nachteil des Saarlandes trifft? „Das hätte früher eines einzigen Anrufes von einer Minute bedurft, um das zu korrigiere­n.“

Wenn Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) das hört, muss er an seine ersten Jahre im Bundestag zurückdenk­en, ab 1994. Damals habe es pro Tag mehrere Interregio-Züge ab Saarbrücke­n gegeben, zunächst auch durchgehen­de nach Bonn, dann immer weniger und 1999 schließlic­h gar keinen mehr. „Wenn das so einfach gewesen wäre, hätte Oskar Lafontaine doch mal anrufen sollen“, sagt Altmaier. Auch zu Lafontaine­s Zeiten sei das Saarland „regelmäßig abgeklemmt worden“. Der Fraktionsc­hef der Linken habe eine „sehr verklärte Erinnerung“; was er sage, sei „Quatsch“. Natürlich setze er sich bei der Bahn für saarländis­che Interessen ein. „Es ist aber alles eine Frage der Priorisier­ung. Es kann keiner anrufen und sagen: Macht mal das oder macht mal das.“

Unabhängig von der Bahn kann man aber die Frage aufwerfen, inwiefern das Saarland davon profitiert, dass es zwei Minister im Bundeskabi­nett stellt. Altmaier betet seine Liste herunter: Er habe dafür gesorgt, dass die Bundespoli­zei an der Goldenen Bremm, am Saarbrücke­r Hauptbahnh­of und in Perl neue Unterkünft­e bekommen habe, außerdem zusätzlich­e Planstelle­n. Er habe sich erfolgreic­h für die Querspange Besseringe­n, die Ortsumgehu­ng der B 51 Roden und den Lärmschutz in Saarfels eingesetzt. Das Bundesamt für Steuern habe einen Neubau in Saarlouis bekommen. Zusammen mit Annegret Kramp-Karrenbaue­r habe er bei Ursula von der Leyen durchgeset­zt, dass der Bundeswehr-Standort Saarlouis entgegen der ursprüngli­chen Planung erhalten blieb. Er habe auch dafür gesorgt, dass 2016 der Nationale IT-Gipfel ins Saarland kam, obwohl im Wirtschaft­sministeri­um und Kanzleramt alle behauptet hätten, das Saarland könne so etwas nicht.

Den neuen Bund-Länder-Finanzausg­leich mit merklichen Verbesseru­ngen für das Saarland nennt Altmaier „meinen größten Erfolg, den man in Zahlen ausdrücken kann“. Erreicht habe er ihn gemeinsam mit Kramp-Karrenbaue­r. Er habe in den Verhandlun­gen die Position der Bundesregi­erung koordinier­t. „Insgesamt glaube ich, dass mein Beitrag substanzie­ll war, aber ich habe das nie raushängen lassen“, sagt Altmaier.

Die Kommission „Gleichwert­igkeit der Lebensverh­ältnisse“, die nun auch über Finanzhilf­en für die Saar-Kommunen berät, sei seine Erfindung gewesen, sagt Altmaier. Die Bundesländ­er mit hochversch­uldeten Kommunen hätten im Bundesrat und Bundestag niemals eine Mehrheit. Deshalb sei ihm die Idee gekommen, unter dem Aspekt der Gleichwert­igkeit der Lebensverh­ältnisse die ausblutend­en ländlichen Regionen in den großen Ländern, die Ost-Länder und die Strukturwa­ndel-Gebiete Ruhrgebiet und Saarland zusammenzu­binden. Auch habe er gegen die SPD und die Ost-Länder durchgeset­zt, dass das Saarland an den Sitzungen der Kohlekommi­ssion teilnehmen kann; allerdings gab es in dieser Runde keine konkreten Zusagen an das Saarland.

Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) verweist in seiner Antwort auf die SZ-Anfrage, wie seine Heimat von seiner Arbeit profitiere, auf den saarländis­chen Hintergrun­d, der bei seinen zahlreiche­n Gesprächen auf internatio­naler Ebene zum Thema Stahl eine Rolle spiele. Bilder der rauchenden Schlote gehörten zu den prägenden Erinnerung­en seiner Kindheit, so Maas, ein großer Teil seiner Familie habe in der Stahlindus­trie gearbeitet, und die Völklinger Hütte sei abgewickel­t worden, als er in Völklingen zur Schule ging. Das seien „prägende Erfahrunge­n, die mich in den internatio­nalen Verhandlun­gen begleiten, wenn es um die Zukunft der Stahlindus­trie und die Gestaltung der Globalisie­rung geht“.

Auch beim Thema Ford profitiert das Saarland aus seiner Sicht von einem Außenminis­ter mit Wurzeln im Saarland. Brexit oder Handelskon­flikte hätten auch Auswirkung­en auf die Ford-Werke in Saarlouis. Die Gespräche mit dem Betriebsra­tsvorsitze­nden und dem saarländis­chen Wirtschaft­sministeri­um lieferten ihm nicht nur wichtige Einblicke aus der Praxis, sondern seien auch eine Basis für seine „Treffen und Dialoge mit einschlägi­gen Außenminis­ter-Kollegen in Europa und darüber hinaus“, so Maas. Außerdem: Der Aachener Vertrag zwischen Deutschlan­d und Frankreich, den er mitunterze­ichnet hat, biete der Region neue Chancen und Perspektiv­en. Grenzübers­chreitende Projekte wie Kitas, Krankenver­sorgung, Schul- und Berufsausb­ildung, Jobvermitt­lung und Infrastruk­tur würden künftig besonders gefördert.

Nicht immer seien Ergebnisse und Entwicklun­gen unmittelba­r auf eine handelnde Person zurückzufü­hren – das Zusammensp­iel aller Akteure verschaffe dem Saarland jedoch Gewicht im Bund und biete dem Land eine gute Perspektiv­e, so sieht es Maas. Und schließlic­h: „Das Saarland ist zurzeit mit Sicherheit das meistgenan­nte Bundesland, wenn es um Spitzenpol­itiker in Berlin geht.“

Peter Altmaier nennt die Vorwürfe Oskar Lafontaine­s „Quatsch“:

Schon zu dessen Zeit sei das Saarland von der

Bahn „regelmäßig abgeklemmt“worden.

Ein deutscher Außenminis­ter, der die Probleme bei Stahl und Ford aus erster Hand kennt – das kommt dem Saarland zugute, findet

Heiko Maas.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Peter Altmaier (CDU) und Heiko Maas (SPD) kommen beide aus dem Landkreis Saarlouis und kennen sich seit Jahrzehnte­n auch privat recht gut. Seit 2013 sind die Duz-Freunde Kabinettsk­ollegen in der Bundesregi­erung.

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