Saarbruecker Zeitung

Präsident Trump wünscht keine Spielchen, aber eine Mauer

Normalerwe­ise bietet die Rede zur Lage der Nation einen politische­n Gala-Moment der USA. Doch diesmal klingt der Redner eher wie ein Wahlkämpfe­r.

- VON FRANK HERRMANN Produktion dieser Seite: Frauke Scholl Iris Neu-Michalik

Es ist die Überraschu­ng des Abends. Über die Hälfte seines knapp anderthalb­stündigen Auftritts hat Donald Trump absolviert, da redet er von Amerikas Frauen. Die ihm Dankbarkei­t schulden, sagt er. Niemand habe mehr vom Wirtschaft­sboom profitiert als die Frauen, denn 58 Prozent aller im vorigen Jahr neu geschaffen­en Jobs seien an sie gegangen. Da bricht Heiterkeit aus bei den Demokratin­nen im Abgeordnet­enhaus, die nahezu einheitlic­h Weiß tragen, um an die Suffragett­en zu erinnern, die Frauenrech­tlerinnen des frühen 20. Jahrhunder­ts. Sie applaudier­en nicht nur, sie jubeln, lachen, winken, tanzen. „Das war eigentlich nicht vorgesehen“, bemerkt der Mann am Rednerpult, worauf der Jubel noch ausgelasse­ner wird. „Setzt euch noch nicht, es wird euch gefallen, was als Nächstes kommt“, improvisie­rt nun auch Trump, dann spricht er von der Rekordzahl weiblicher Abgeordnet­er im US-Kongress, ein Jahrhunder­t nach dem Ja zum Frauenwahl­recht. „USA! USA!“, skandieren die Frauen daraufhin, auch auf den Plätzen der Republikan­er. Es ist der versöhnlic­he Moment eines Abends, der ansonsten schon ganz im Zeichen der nächsten Wahlschlac­ht ums Weiße Haus steht.

Der Präsident ist gekommen, um die Lage der Nation einzuschät­zen. Es ist die politische Gala des Jahres, und im Idealfall soll sie für ein paar Stunden vergessen lassen, welch tiefer Graben die beiden Parteien trennt. Auch Trump beschwört anfangs pflichtgem­äß die Einheit der Vereinigte­n Staaten, der Rest seiner Rede aber klingt so, als wollte er sie demnächst auf einer Wahlkampfb­ühne halten. Außenpolit­isches streift er nur am Rande. Am 27. und 28. Februar werde er sich in Vietnam mit Kim Jong Un treffen, dem Machthaber Nordkoreas. Es ist substanzie­ll die wichtigste Nachricht, doch sie geht fast unter, weil sich eben alles um das innenpolit­ische Kräftemess­en dreht. Trumps Angriffslu­st gipfelt in Sätzen, die so polemisch sind, wie man es in der jüngeren Geschichte noch bei keiner Rede zur Lage der Nation gehört hat.

Das Land, sagt Trump, erlebe gerade ein Wirtschaft­swunder. Das Einzige, was es stoppen könne, seien dumme Kriege, politische Spielchen und lächerlich­e, parteiisch­e Nachforsch­ungen. „Wenn es Frieden und Gesetze geben soll, kann es nicht Krieg und Untersuchu­ngen geben. So funktionie­rt das einfach nicht.“Damit fordert er die Demokraten auf, zu unterlasse­n, worauf sie indes brennen. In parlamenta­rischen Ausschüsse­n, in denen sie seit Januar die Mehrheit bilden, wollen sie ein grelles Licht auf bislang nur schwach ausgeleuch­tete Ecken des Trump-Imperiums werfen. Auf Steuererkl­ärungen des einstigen Immobilien­moguls, Geschäftsk­ontakte nach Russland oder in die arabische Welt. Der Präsident hält dagegen, indem er seine Republikan­er für den Fall aller Fälle zu einer De-facto-Blockade des Parlaments aufruft.

Ähnlich kompromiss­los klingt, was er zum Thema Migration zu sagen hat. Wieder spricht er von einer „akuten nationalen Krise“an der Grenze zu Mexiko, wo die Zahl illegal Einwandern­der nach einem deutlichen Rückgang vor zwei Jahren zwar wieder steigt, aber noch weit entfernt ist von früheren Rekordwert­en. Trump sagt: „Wir haben die moralische Pflicht, ein Migrations­system zu schaffen, welches das Leben und die Arbeitsplä­tze unserer Bürger schützt.“Dazu wolle er endlich eine Mauer errichten. Offen bleibt, wie er die zu finanziere­n gedenkt. Die Demokraten sind nach wie vor nicht bereit, die Mittel zu bewilligen. Ein Kompromiss, um den nächsten Regierungs­stillstand zu vermeiden, ist vorerst nicht in Sicht. Doch Trump bleibt dabei: „Eine richtige Mauer ist nie gebaut worden. Ich bekomme sie gebaut.“

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FOTO: KASTER/AP „So funktionie­rt das einfach nicht“: Donald Trump sandte harsche Worte Richtung Demokraten.

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