Wenn der Stadt-Kämmerer die Geduld der Richter strapaziert
In Homburger Detektiv-Affäre belastet ein Zeuge aus dem Rathaus den Oberbürgermeister. Schneidewind ist als Zeuge im Prozess gegen Ex-OB Schöner geladen.
Eine Zeugenladung sorgte am Rande des Untreue-Prozesses gegen den amtierenden Homburger Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind (SPD) gestern für Gesprächsstoff. Verteidiger Joachim Giring bestätigte, dass sein Mandant im Verfahren gegen seinen Amtsvorgänger Karlheinz Schöner (CDU) vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts am Montag, 18. Februar, aussagen soll. Schöner ist wegen Untreue und Betrug angeklagt. Das Verhältnis zwischen Schneidewind und seinem Vorgänger gilt als stark belastet.
Im Verfahren gegen Schneidewind, der sich wegen eines insgesamt 330 000 Euro teuren Detektiveinsatzes zur Observierung von Mitarbeitern des städtischen Bauhofes verantworten muss, strapazierte gestern der Kämmerer des Rathauses die Geduld des Gerichtes. Der 56-Jährige antwortete auf konkrete Fragen wiederholt ausschweifend und ausweichend, schwächte frühere Aussagen gelegentlich wieder ab oder widersprach eigenen Angaben. Der Vorsitzende Richter Ralf Schwinn wurde deutlich: „Ich kann Ihre Antwort nicht nachvollziehen.“Er erinnerte den Zeugen nachdrücklich an seine Wahrheitspflicht und drohte ihm gar Konsequenzen an: „Ich verliere langsam die Geduld!“
Der Oberbürgermeister schaute derweil auf der Anklagebank unter sich oder rieb sich die Augen, etwa als sein enger Mitarbeiter von sich behauptete, er sei bei der Geheimaktion Detektiveinsatz „im Prinzip immer eingebunden“gewesen. So habe es auch ein internes Treffen gegeben, bei dem der Vertrag mit dem Düsseldorfer Ermittlerbüro auf dem Tisch gelegen haben soll. Er habe bei dieser Gelegenheit den hohen Stundensatz von 100 Euro beanstandet. Von einer solchen Besprechung hatte bislang kein Zeuge und auch nicht der Angeklagte berichtet. An den Termin erinnerte sich der Kämmerer allerdings nicht. Er war sich dann aber „eigentlich ziemlich sicher“, dass bei einer Besprechung mit dem Geschäftsführer der Düsseldorfer Detektei am 3. Dezember 2015 verabredet wurde, die Observierung zu beenden. Der Grund dafür: Damals seien erstmals die Kosten auf über 100 000 Euro beziffert worden. Dies habe bei ihm eine „Schockstarre“bewirkt. Auch von einem solchen Auftragsstopp hatten bislang weder Schneidewind noch andere Zeugen berichtet. Tatsächlich waren die Privatermittler bis zum 18. Dezember im Einsatz. Die Anklage von Oberstaatsanwalt Peter Thome betrifft auch nur die Kosten, die nach dem 3. Dezember angefallen sind. Für Verwunderung sorgte der Kämmerer weiter, als er sagte, Fraktionschefs im Stadtrat hätten zugesagt, bei Kosten bis zu 100 000 Euro „gehen wir mit“. Hier erntete er von Ratsmitglied und Ex-Minister Georg Weisweiler aus dem Publikum im Gerichtssaal energischen Widerspruch.