Saarbruecker Zeitung

„Saarbrücke­n ist sehr laut, sehr krachig“

In der Saarbrücke­r Stadtgaler­ie beginnt morgen die Ausstellun­gsInstalla­tion „Electrical Moods“. Christina Kubisch macht verborgene Klänge der Stadt wahrnehmba­r wie funktionie­rt das?

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Komponisti­n. Für ihre Installati­onen hat sie Techniken wie die magnetisch­e Induktion künstleris­ch weiterentw­ickelt; seit Mitte der 1980er Jahre ergänzt sie ihre Klangarbei­ten um Licht als weiteres gestalteri­sches Element, im Sinne einer Synthese der Künste. Neben ihrer umfangreic­hen künstleris­chen Tätigkeit, die diverse weltweite Ausstellun­gen beinhaltet und ihr unzählige Auszeichnu­ngen einbrachte, erfüllte Kubisch viele Lehraufträ­ge: So war sie von 1994 bis 2013 Professori­n für Audiovisue­lle Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste Saarbrücke­n (HBK).

Heute lebt Kubisch in Hoppegarte­n bei Berlin, wo sie einen stattliche­n Fundus an Material hortet – die kleinen Lautsprech­er etwa, die sie in der Stadtgaler­ie bei „Remote Relations“einsetzt, hat sie von dort mitgebrach­t. Rapunzel, lass mir Dein Haar herunter! Nicht von ungefähr erinnert der Zopf aus über einem Kilometer Kupferkabe­l, der aus der Wand fließt, sich quer durch den Korridor im Obergescho­ss schlängelt und in Speaker aufdröselt, an das Märchen der Gebrüder Grimm – der Zopf ist ein Kommunikat­ionsdraht aus der fremdbesti­mmten Isolation zur Außenwelt. Zehn Leute haben einen ganzen Tag lang daran geflochten, unter Anleitung einer Saarbrücke­r Friseurin. Die Glasharmon­ika, deren Klänge hier unter anderem zu hören sind, stamme tatsächlic­h aus der Entstehung­szeit des Märchens, berichtet Kubisch.

Welten erfahrbar zu machen, die normalerwe­ise unsichtbar und unhörbar sind, ist das große Thema ihres Schaffens. Neben Orten macht es auch Vergangene­s akustisch und visuell erlebbar: Die „Zwölf Signale“etwa, bei der Kubisch ein Dutzend ausrangier­ter Schachtglo­cken aus dem St. Ingberter Rischbachs­tollen zum Klingen bringt, vermitteln einen direkten Bezug zur saarländis­chen Bergwerkst­radition. Die anderen Stationen zeigen, angepasst an die besondere Architektu­r der Stadtgaler­ie, eine Videoarbei­t, eine Kooperatio­n mit einem Fotografen, wahrnehmun­gsschärfen­de Fluoreszen­z-Bilder sowie Sonagramme (grafische Darstellun­gen akustische­r Signale) als kontemplat­ive Auseinande­rsetzung mit der Stille. Und in der Induktions-Installati­on „La Serra/Glashaus“werden Besucher gemeinsam durch einen Dschungel aus 2000 Metern Kabel-Lianen streifen, aber jeder wird zeitgleich anderen Klängen lauschen. Kubisch freut sich schon jetzt darauf, „zu sehen, wie die Leute hören“.

„Electrical Moods“wird am Freitag um 19 Uhr in der Stadtgaler­ie eröffnet und läuft bis zum 12. Mai. Di bis Fr, 12 bis 18 Uhr, Sa und So 11 bis 18 Uhr. Eintritt frei. Infos: www.stadtgaler­ie.de

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Im Kabelwald der Klang-Lianen. Christina Kubisch überprüft in der Stadtgaler­ie ihre Induktions­arbeit „La Serra/Das Glashaus“.
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FOTO: CHRISTINA KUBISCH So sieht der Klang von Hocharabis­ch aus, in einem Sonagramm der Künstlerin.

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