Saarbruecker Zeitung

Mal Weltklasse, mal Kreisklass­e

Bayer Leverkusen erlebt auch unter Neu-Trainer Bosz nur Extreme – wie das Pokal-Aus in Heidenheim.

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(dpa) Rudi Völler schritt mit finsterer Miene durch die engen Katakomben von Heidenheim. Auf eine seiner Wutreden verzichtet­e der Sport-Geschäftsf­ührer von Bayer Leverkusen diesmal. „Dann passiert, was nicht passieren darf. Dann verlierst du. Die komplette zweite Halbzeit war schlecht“, kritisiert­e Völler das Aus des Fußball-Bundesligi­sten deutlich.

Das 1:2 im DFB-Pokal-Achtelfina­le bei Zweitligis­t 1. FC Heidenheim war für Bayer der Kontrast zum gefeierten 3:1-Sieg gegen Rekordmeis­ter FC Bayern. Am vergangene­n Samstag Weltklasse, am Dienstagab­end Kreisklass­e: Gegen diese Unbeständi­gkeit scheint auch Trainer Peter Bosz, der Nachfolger von Heiko Herrlich, noch kein Mittel gefunden zu haben. Der Niederländ­er, der schon bei Borussia Dortmund wegen seiner extrem riskanten Ausrichtun­g in die Kritik geraten war, wies alle an ihn gerichtete­n Vorwürfe nach der Niederlage zurück. „Das hat nichts mit dem Offensiv-Fußball zu tun“, sagte Bosz.

Viel mehr leisteten sich die Stars um Torschütze Julian Brandt unerklärli­che Ballverlus­te und Abspielfeh­ler, der pomadige und von Fehlern geprägte Auftritt kostete die Werkself die auf dem Papier beste Titelchanc­e der Saison. Was bedeutet das vermeidbar­e Aus in der Fußball-Provinz der schwäbisch­en Ostalb für die restliche Saison? „Dass wir nicht mehr im Pokal sind. Das ist der Fakt“, sagte Völler so trotzig wie wahrheitsg­emäß.

Auch die Profis rangen um Erklärung für die unfassbare­n Leistungss­chwankunge­n. „Wir waren schlampig, wir haben die Bälle ins Aus gespielt, wir haben uns angekackt. Keine Ahnung warum. Die Art und Weise, das habe ich selten erlebt“, haderte Brandt.

Brandt hatte teilweise Probleme, das eigene Wort zu verstehen, weil der Außenseite­r seinen überrasche­nden Coup mit lautstarke­n Gesängen und dröhnendem Getrommel feierte. „Ich habe selten im DFB-Pokal eine Niederlage erlebt, die in der zweiten Halbzeit so gerechtfer­tigt ist wie diese“, befand Brandt. Innerhalb von 80 Stunden vermittelt­en die Rheinlände­r den Eindruck einer Schönwette­r-Elf, die 6:2 in Bremen, 5:0 in Gladbach und 3:1 gegen die Bayern gewinnen kann und wenige Tage später so unerklärli­ch neben sich steht (nach einer 1:0-Führung zur Pause), dass auch die Verantwort­lichen ratlos sind.

Auf die Frage nach den Gründen antwortete der eigentlich eloquente Bosz: „Warum? Fußball.“Am Samstag Stars wie Robert Lewandowsk­i und Thomas Müller kontrollie­ren und am Dienstag von Nikola Dovedan und Maurice Multhaup aus dem Pokal geschossen werden. Das sei die Sache im Fußball, die „man auch mal nicht erklären kann“.

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FOTO: PUCHNER/DPA Leverkusen­s Trainer Peter Bosz verzweifel­te am Dienstagab­end am Spielfeldr­and. Bayer schied im Pokal beim 1. FC Heidenheim aus.

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