Saarbruecker Zeitung

Neue Eiszeit zwischen Paris und Rom

Die Unterstütz­ung der Gelbwesten durch die italienisc­he Regierung empfindet Frankreich als Provokatio­n – und reagiert.

- VON KNUT KROHN

Zwischen Frankreich und Italien herrscht schlechte Stimmung. Vor allem Rom lässt keine Gelegenhei­t aus, politische Seitenhieb­e gegen Paris auszuteile­n. Nun hat sich Italiens Vizeregier­ungschef Luigi Di Maio aufgemacht, um sich in der französisc­hen Kleinstadt Montargis ausgerechn­et mit Anführern der Gelbwesten zu treffen. Jener Bewegung also, die seit Monaten bei ihren zum Teil gewalttäti­gen Protesten lautstark den Rücktritt des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron fordert. Di Maio postete nach dem Gespräch ein Foto auf Twitter und schrieb dazu: „Der Wind des Wandels hat die Alpen überquert.“Christophe Chalencon, einer der Anführer der „Gelbwesten“-Bewegung“, wurde konkreter. Er sagte dem Sender „France Info“, dass über die Europawahl­en im Mai geredet worden sei. Dabei sei es auch um die Möglichkei­t einer inhaltlich­en Zusammenar­beit gegangen, etwa im Bereich der sozialen Gerechtigk­eit oder direkten Demokratie.

Die Reaktionen der französisc­hen Regierung ließen nicht lange auf sich warten. „Diese neue Provokatio­n ist inakzeptab­el zwischen benachbart­en Ländern und Partnern in der Europäisch­en Union“, erklärte ein Sprecher des Außenminis­teriums in Paris. In Konsequenz zog Frankreich seinen Botschafte­r aus Italien ab – für Konsultati­onen, wie es hieß. Im Zuge des diplomatis­chen Eklats wies der Sprecher den römischen Politiker auch noch darauf hin, dass dessen Besuch negative Auswirkung­en auf die bilaterale­n Beziehunge­n haben könnte.

Es ist nicht das erste Mal, dass Italiens Regierung ihre Sympathien für die Gelbwesten offenbart. Schon zu Beginn der Proteste im November hatte Innenminis­ter Matteo Salvini erklärt, er unterstütz­e die „ehrenhafte­n Bürger“in ihrem Protest gegen den französisc­hen Präsidente­n, der „gegen sein Volk“regiere.

Einer der Gründe für diese herzliche Abneigung zwischen Rom und Paris ist die restriktiv­e Einwanderu­ngspolitik Italiens. Der fremdenfei­ndliche Salvini hatte im Sommer 2018 die italienisc­hen Häfen für die Boote der Seenotrett­er schließen lassen, die im Mittelmeer schiffbrüc­hige Flüchtling­e aufnehmen. Macron ließ daraufhin ziemlich unverblümt wissen, dass in seinen Augen der Rechtspopu­lismus und die Fremdenfei­ndlichkeit ein „Lepragesch­wür“seien. Salvini warf Paris im Gegenzug Heuchelei vor, da Frankreich keine Flüchtling­e aufnehme. Auch Luigi Di Maio wollte da nicht zurückstec­ken. Er sagte, Auslöser der Fluchtbewe­gung aus Afrika sei, dass „bestimmte europäisch­e Länder, Frankreich an erster Stelle“auch heute noch afrikanisc­he Länder wie Kolonien behandeln würden.

Eigentlich wollten Rom und Paris Anfang 2018 nach deutsch-französisc­hen Vorbild einen Freundscha­ftspakt besiegeln. Schnell wurde eine gemeinsame Arbeitsgru­ppe einberufen, die das Vertragswe­rk ausarbeite­n sollte. Dann aber kam im Sommer der Regierungs­wechsel in Rom, und von einer innigen Freundscha­ft ist seither keine Rede mehr.

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FOTO: ANSA/AP/DPA Traf sich mit den Gelbwesten in Frankreich: Luigi Di Maio, Vize-Regierungs­chef Italiens.

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