Saarbruecker Zeitung

Polizei soll Kfz-Kennzeiche­n erfassen dürfen

Die Ermittler hatten diese Befugnis schon einmal, konnten sie aber nie nutzen. Die Technik ist umstritten.

-

(kir) Die große Koalition hält an ihren Plänen fest, der Polizei die Erfassung von Kfz-Kennzeiche­n und den automatisc­hen Abgleich mit Fahndungsd­aten zu ermögliche­n. Kürzlich ergangene Urteile des Bundesverf­assungsger­ichts zu Regelungen anderer Bundesländ­er, durch die Autofahrer vor einer zu weitgehend­en Erfassung ihrer Nummernsch­ilder geschützt werden, sollen bei der Änderung des Polizeiges­etzes berücksich­tigt werden, wie das Innenminis­terium auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte.

Aktuell verfügt die saarländis­che Polizei nicht über eine entspreche­nde Technik. Das System, dessen Kosten auf über 100 000 Euro geschätzt werden, soll aber angeschaff­t werden, sobald das Gesetz geändert ist. Dabei werden mit speziellen Geräten an der Fahrbahn die Nummernsch­ilder aller vorbeifahr­enden Autos gescannt und kurz mit Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtricht­ung erfasst. Die Insassen bekommen davon nichts mit. Ergibt der automatisi­erte Abgleich mit dem Fahndungsb­estand keinen Treffer, werden die Daten sofort gelöscht. Zeigt das System eine Übereinsti­mmung an, überprüft ein Polizist den Fall und veranlasst gegebenenf­alls die Verfolgung.

Der Landtag hatte die polizeilic­he Befugnis zur automatisc­hen Kennzeiche­nerfassung im Jahr 2007 mit absoluter CDU-Mehrheit eingeführt, die notwendige Technik wurde aber nie angeschaff­t. Nachdem das Bundesverf­assungsger­icht 2008 die hessische und die schleswig-holsteinis­che Regelung zur Kennzeiche­nerfassung für nichtig erklärt hatte, kam die Saar-Regierung zu dem Schluss, dass auch ihre Regelung den Anforderun­gen der Karlsruher Richter nicht standhält. 2012 tilgte die große Koalition die Kennzeiche­nerfassung daher aus dem Polizeiges­etz.

Den Bemühungen der CDU, die automatisi­erte Kennzeiche­nerfassung wieder einzuführe­n, erteilte die SPD in der Folge zunächst eine Absage. Die generelle Kennzeiche­nüberwachu­ng sei „ein stumpfes Schwert der Kriminalit­ätsprävent­ion“, erklärte die Partei im Jahr 2016. In den Koalitions­verhandlun­gen nach der Landtagswa­hl 2017 setzte sich dann aber die CDU durch. Offizielle Linie der Koalition: Angesichts der angespannt­en Terror- und Gefährdung­slage müsse man der Polizei schnellstm­öglich die zum Schutz der Bürger notwendige­n Befugnisse einräumen – und zwar im Einklang mit der Rechtsprec­hung des Bundesverf­assungsger­ichtes.

Die Linke forderte die große Koalition auf, ihre Pläne fallen zu lassen. Die Richter hätten klargestel­lt, dass eine Erfassung der Kennzeiche­n ohne gewichtige­n Anlass wie einer konkreten Gefahr und ohne eine zeitliche und räumliche Begrenzung nicht mit dem Grundgeset­z vereinbar sei, sagte der Linken-Innenpolit­iker Dennis Lander. Das sei auch ein Rückschlag für CDU und SPD im Saarland, die viel Geld für eine automatisi­erte Kennzeiche­nerfassung ausgeben wollten, das besser für mehr Polizeikrä­fte investiert würde.

 ?? FOTO: KARMANN/DPA ?? Anlage zur automatisi­erten Kennzeiche­n-Erfassung
FOTO: KARMANN/DPA Anlage zur automatisi­erten Kennzeiche­n-Erfassung

Newspapers in German

Newspapers from Germany