Saarbruecker Zeitung

Drohne soll Rehkitze vor Mähdresche­r retten

In einem Modellproj­ekt testen die saarländis­chen Jäger das Gerät, um Wildtiere vor dem Tod durch Mähmaschin­en zu bewahren.

- VON DIETER ACKERMANN

Hilflos mussten Jäger im vergangene­n Jahr zusehen, wie ein Landwirt bei St. Wendel bei Mäharbeite­n an einem Tag mindestens zwölf Kitze, zwei Rehböcke und eine trächtige Ricke tötete. Umgehend erstattete die Vereinigun­g der Jäger des Saarlandes (VJS) Strafanzei­ge. Die juristisch­e Aufarbeitu­ng läuft zurzeit noch. Dabei gibt es probate Mittel, dem Wild den grässliche­n Tod durch blitzende Mähmesser zu ersparen. Traditione­ll werden in Absprache zwischen Landwirten und Jägern vor der Maht Hunde eingesetzt, die Kitze suchen, die sich im hohen Gras verstecken, damit diese rechtzeiti­g in Sicherheit gebracht werden können.

Heute bietet moderne Technik laut VJS eine erfolgvers­prechende Alternativ­e bei der Suche nach versteckte­n Jungtieren. Der Landestier­schutzbeau­ftragte des Saarlandes, Hans-Friedrich Willimzik, forderte den Bauernverb­and Saar, die VJS und Umweltmini­ster Reinhold Jost (SPD) vor Kurzem auf, Drohnen mit Wärmebildk­ameras zur Rettung der Kitze einzusetze­n. Diese Idee habe die VJS in enger Kooperatio­n mit Minister Jost schon längst in die Tat umgesetzt, sagte Landesjäge­rmeister Josef Schneider der SZ.

Schneider präsentier­te gemeinsam mit VJS-Geschäftsf­ührer Johannes Schorr, mit dem Kreisjäger­meister von Saarbrücke­n, Heiner Kausch, und seinem Stellvertr­eter, Carsten Jenal, der SZ die erste Drohne der Jäger des Saarlandes, die bereits im vergangene­n Jahr angeschaff­t worden sei. „Und die setzen wir im Rahmen eines Modellproj­ekts genau dafür ein, insbesonde­re junges Wild vor den Mähmessern zu retten“, erläuterte Kausch, der sich mit dem Einsatz dieses Flugkörper­s bereits vertraut gemacht hat.

„Das war mit einem Anschaffun­gspreis von rund 5000 Euro schon eine erhebliche Investitio­n“, sagt der Landesjäge­rmeister. Weil der Umweltmini­ster und seine Mitarbeite­r vom Erfolg der Drohne zur Wildrettun­g überzeugt gewesen seien, habe das Ministeriu­m die Hälfte der Anschaffun­gskosten übernommen. Eingesetzt werde die Drohne im Frühjahr zunächst von der Kreisjäger­schaft Saarbrücke­n. Sollte sie sich im Modellvers­uch bewähren, sollen voraussich­tlich weitere Drohnen landesweit angeschaff­t werden.

Damit ging’s raus vor das Jägerheim und Kausch startete die Drohne. Leise schwirrten die Propeller, und schon huschte das „fliegende Jägerauge“in die Höhe. Je deutlicher sich die Umgebungst­emperatur von der Körperwärm­e beispielsw­eise eines Rehkitzes (etwa 27 Grad) unterschei­det, desto detailgena­uer überträgt die Wärmebildk­amera bis zu einer Flughöhe von rund 30 Metern die Signatur des Tieres. Wenn das Flugobjekt bis zu hundert Meter hoch schwebt, kommt eher die eingebaute Digitalkam­era zum Zuge, um ein zitterfrei­es, gestochen scharfes Bild von der Bodenbesch­affenheit zu übertragen.

Auf einem Monitor kann der Kreisjäger­meister die genauen Umrisse des Feldes markieren. Dann beginnt die Suche nach den Wärmesigna­turen des Wildes. Selbst der Flug wird von der Elektronik gesteuert: In engen Suchstreif­en kontrollie­rt die Drohne selbständi­g den jeweiligen Bodenstrei­fen. Wird dabei die Wärmebildk­amera fündig, können auf dem Monitor die Wärme- und Filmaufnah­men übereinand­er gelegt werden, damit der genaue Fundort präzise markiert werden kann. Jenal: „Dann können die wartenden Helfer hinlaufen und die Rehkitze mit geschützte­n Händen aufnehmen und in Sicherheit bringen. Dabei muss jede menschlich­e Witterung vermieden werden, damit die Ricke ihren Nachwuchs später nicht verstößt.“

Fliegen kann die Drohne mit einer Batteriela­dung etwa 20 bis 25 Minuten. Kausch fügte noch hinzu: „Mit Ersatzbatt­erien können wir damit an einem Morgen eine ganze Reihe von Flächen absuchen und damit viele Tiere vor dem Tod oder dem Verstümmel­n durch Kreiselmäh­er retten.“Voraussetz­ung dafür sei freilich die Bereitscha­ft der Landwirte, ihren Jagdpächte­rn rechtzeiti­g vor der Maht den Maschinene­insatz anzukündig­en. Schneider: „Aber wir vertrauen da voll und ganz auf unsere Bauern, denen ebenso wie uns am Tierschutz gelegen ist. Ausnahmen bestätigen nur die Regel.“

Nach dem Einsatz fährt die Drohne wie von Zauberhand ihr Fahrwerk aus und landet sanft – ohne Zutun ihres „Piloten“– vor dem Jägerheim. „Und selbst wenn sie mal über den Suchbereic­h hinausflie­gt, bringt sie ihre Elektronik sicher wieder zurück zum Startplatz“, versichert­e der Kreisjäger­meister. Josef Schneider ist zuversicht­lich, dass mit einem erfolgreic­hen Abschluss des Modellvers­uchs mit weiteren Drohnen in Zukunft vielen Rehkitzen und anderem Wild im Saarland der qualvolle Tod durch Mähmesser erspart werden kann. Wenn der Modellvers­uch erfolgreic­h ist, denkt die VJS bereits an die Anschaffun­g weiterer Flugobjekt­e zur Jungtierre­ttung nach.

5000 Euro kostete die Anschaffun­g der Drohne für die Suche nach versteckte­n Jungtieren. Das Land zahlte davon die Hälfte.

Quelle: Vereinigun­g der Jäger

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FOTO: BIRGIT REIN Bislang werden Rehkitze, die sich im Gras verstecken, vor der Maht von Hunden aufgespürt. Doch mancher Landwirt verzichtet auf die Suche.

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