Saarbruecker Zeitung

Viel strenger als beim Kommiss

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Ein staatstrag­ender Anlass jagt den nächsten quer durchs Land. Mit viel Tamtam, Spalierste­hen, Wangenküss­chen hier, Wangenküss­chen da. Devotes Verneigen allerorten. Höfisches Gehabe wie zu Hochadels Zeit. Mit ausufernde­n Reden, die das stehende Volk an die Grenzen seiner Belastbark­eit treiben. Überborden­de Lobhudelei, die einen gefährlich rutschigen Film auf dem festlichen Bankett hinterläss­t. Dazu Häppchen für die geneigten Trophäenjä­ger. Einige sind wie eine Weihnachts­tanne behangen, beim Marsch durch die ehrwürdige­n Mehrzweckh­allen klimpern sie wie eine glockenbeh­angene Kuhherde auf der Weide. Und es sollen noch einige dieser lauten Souvenirs hinzukomme­n.

Ich bin Gast diverser Ordenszere­monien, zu denen bis Aschermitt­woch Karnevalsv­ereine landauf, landab laden. Einige sprechen wohlfein bei solchen Empfängen von Soiree – und scheitern an der Aussprache. Mir wird blitzschne­ll klar: Was einst als Persiflage der Narren aufs militärisc­he Gehabe gedacht war, wissen viele Fastnachte­r an Ernsthafti­gkeit zu übertreffe­n. Spätestens als ich verkünde, dass ich mein erworbenes Altmetall der Vorjahre längst dem Müll zugeführt habe, strafen mich verachtend­e Blicke. Plötzlich wird das feierliche Spalier zum Spießroute­nlauf. Beim Karnevalso­rden hört schließlic­h der Spaß auf.

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