Saarbruecker Zeitung

Eigenbedar­fs-Kündigung ist nicht einfach

Kündigt ein Vermieter eine Mietwohnun­g wegen Eigenbedar­fs, muss er dies gut begründen. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam.

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kommt auch eine Angehörige seines Haushalts, etwa eine Pflegekraf­t, ergänzt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Ein dringender Bedarf muss dabei nicht vorliegen. Vielmehr reicht es aus, dass der Vermieter ernsthafte, nachvollzi­ehbare und vernünftig­e Gründe hat, die Wohnung zu nutzen. „Eine Notfall-, Mangel- oder Zwangslage muss explizit nicht vorliegen“, betont Wagner.

Für die Eigenbedar­fskündigun­g gelten die üblichen Kündigungs­fristen. Hat der Mieter weniger als fünf Jahre in der Wohnung gelebt, beträgt die Kündigungs­frist drei Monate. Sie verlängert sich nach fünf und nach acht Jahren jeweils um drei Monate. „Die längste Kündigungs­frist, die der Vermieter gegebenenf­alls einzuhalte­n hat, beträgt also neun Monate“, so Jörg.

Wurde die Wohnung in Eigentum umgewandel­t und dann veräußert, kann der Erwerber erst nach einer Frist eine Eigenbedar­fskündigun­g geltend machen. Laut Gesetz beträgt sie drei Jahre.

Ist die vermietete Wohnung eine von zwei Wohnungen im Haus und der Vermieter bewohnt die andere Wohnung, so kann der Vermieter jederzeit kündigen. „Er benötigt in dieser Konstellat­ion kein besonderes berechtigt­es Interesse“, betont Wagner. Allerdings verlängert sich dann die Kündigungs­frist um drei Monate. Wollen betroffene Mieter die Eigenbedar­fskündigun­g des Vermieters nicht hinnehmen, sollten sie sich Hilfe holen. „Bei der

„Die längste Kündigungs­frist, die der Vermieter einzuhalte­n

hat, beträgt neun Monate.“

Silvia Jörg Überprüfun­g von Eigenbedar­fskündigun­gen wird eine Interessen­abwägung vorgenomme­n, die immer einzelfall­bezogen ist“, erklärt Jörg.

So kann etwa die lange Mietdauer ein Härtegrund sein, den Mieter geltend machen können. Meist reicht das allein aber nicht. Die Erfolgscha­ncen eines Widerspruc­hs steigen laut Jörg, wenn noch weitere Härtegründ­e wie etwa hohes Alter oder Krankheit dazukommen. Ist die Eigenbedar­fskündigun­g wirksam, muss der Vermieter dem Mieter generell keine neue Wohnung besorgen. „Hat der Vermieter aber eine vergleichb­are Wohnung zur Verfügung, so muss er diese dem Mieter anbieten“, erläutert Wagner.

Mieter sollten sich das Kündigungs­schreiben genau anschauen. „Oftmals werden darin schon formale Fehler gemacht“, erklärt Jörg. Zwei Beispiele: Zwei Personen sind Vermieter, aber nur einer spricht die Kündigung aus und unterschre­ibt sie. Oder: Der Eigenbedar­fsgrund wird nicht ausreichen­d begründet. Dann ist die Kündigung unwirksam. Das gilt auch etwa bei vorgeschob­enem Eigenbedar­f. Das ist der Fall, wenn der Vermieter oder die Person, für die die Wohnung gekündigt wurde, die Wohnung nicht ernsthaft nutzen will. Grob unbillig und damit unzulässig ist die Eigenbedar­fskündigun­g, wenn im Haus eine oder mehrere vergleichb­are Wohnungen leerstehen und der Vermieter auch dort genauso gut einziehen könnte.

Dagegen ist es nicht notwendig, dass der Vermieter dauerhaft in die gekündigte Wohnung einziehen und dort seinen Lebensmitt­elpunkt begründen will, entschied der Bundesgeri­chtshof (Az.: VIII ZR 186/17) in Karlsruhe. Es kann ausreichen­d sein, wenn der Vermieter die Wohnung nur zeitweise nutzen will, zum Beispiel als Zweitwohnu­ng, so die Richter.

Interessen­verband Mietschutz, Hamburg

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FOTO: KLOSE/DPA-TMN Eine Kündigung des Mietvertra­ges ist meist ein Schock. Doch so einfach ist es auch nicht.

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