Saarbruecker Zeitung

Die Kritik am Skibetrieb am Erbeskopf wächst: Zu teuer sei er und zudem umweltschä­dlich.

Die Kritik am Erbeskopf wächst: zu teuer, zu umweltschä­dlich, nicht zukunftsfä­hig. Doch der Betrieb in dieser Saison brummt.

- VON ILSE ROSENSCHIL­D

Die einen lieben ihn, die anderen stehen ihm kritisch gegenüber: dem Winterspor­t am Erbeskopf. Pünktlich zur Eröffnung der Saison fallen die Skifahrer und Snowboarde­r an der höchsten Erhebung in Rheinland-Pfalz in Scharen ein – allein am Wochenende waren laut Betreiber 20 000 Gäste am Erbeskopf. Und zum selben Zeitpunkt melden sich die Kritiker zu Wort. Der Sport sei umweltschä­dlich, zu teuer und ohnehin nicht zukunftsfä­hig. Aber wie stellt sich der Sachverhal­t tatsächlic­h dar?

Nicht zukunftsfä­hig? Häufig stellen Kritiker wegen des Klimawande­ls den Winterspor­t in der Region komplett infrage. In den vergangene­n 20 Jahren sind die „Temperatur­en in Rheinland-Pfalz im Winter um ein bis eineinhalb Grad Celsius gestiegen“, sagt Meteorolog­e Dominik Jung. Schnee werde es auch in den nächsten 20 Jahren noch geben, ist Professor Günther Heinemann vom Fachbereic­h für Umweltmete­orologie an der Universitä­t Trier, überzeugt. Allerdings: „Die Schneemeng­e wird zurückgehe­n.“

Auch am Erbeskopf? Zumindest Klaus Hepp, Betriebsle­iter am Erbeskopf, geht davon aus, dass künftig durchschni­ttlich 30 Lift-Tage pro Saison erreicht werden – womöglich mit weniger Natur- und mehr technische­m Schnee. Möglicherw­eise müsse man dann auf modernere Anlagen umrüsten, die auch bei wärmeren Temperatur­en Schnee produziere­n. Derzeit sei das erst ab rund vier Grad minus sinnvoll. Der Erbeskopf sei das höchste Skigebiet im Land. Wo solle Winterspor­t denn sonst sinnvoll sein? Im Übrigen werde der Erbeskopf mit Kletterpar­k, Biketrails, Saar-Hunsrück-Steig und Nationalpa­rktor ja längst ganzjährig besucht. Sommerrodl­er und Mountainbi­ker nutzen bereits in der warmen Jahreszeit die Lifte.

Teuer? Die Kostensitu­ation für den Winterspor­tbetrieb hängt von vielen Faktoren ab: Als Faustregel gilt laut Hepp: Man kann bei rund 30 Lift-Tagen pro Saison kostendeck­end arbeiten. Und noch ein paar Zahlen: Eine Grundbesch­neiung kostet rund 6500 bis 7000 Euro. Laut Hepp kommen diese Kosten an einem Betriebswo­chenende wieder herein. Die Kritik wird vor allem in den Jahren mit wenigen Lift-Tagen laut. Etwa in der Saison 2013/14, als die Lifte überhaupt nicht im Einsatz waren. Betreiber ist der kommunale Zweckverba­nd Winterspor­t-, Natur- und Umweltbild­ungsstätte. Auch dort sind die Mittel nicht üppig. Die Schulden des Verbandes liegen bei 1,27 Millionen Euro. Davon entfallen rund 100 000 Euro auf den Winterspor­t. Und trotzdem: Muss der Winterspor­t überhaupt kostendeck­end betrieben werden? Dazu hat Hepp eine eigene Meinung: Man erwarte das schließlic­h von keiner Sporteinri­chtung, keinem Sportplatz und keinem Freibad.

Umweltschä­dlich? „Eine Region, die auf Nachhaltig­keit setzt, macht sich total unglaubwür­dig, einen Hügel durch enormen Energie- und Wasseraufw­and zu beschneien, nur damit viele Leute, meist mit Dieselauto­s, meist von weit her, den Berg anfahren, um ein paar Mal abzufahren“, schreibt beispielsw­eise Gerhard Hänsel aus Brücken auf Facebook. Klaus Hepp kann die Kritik nicht nachvollzi­ehen: Die Situation sei nicht zu vergleiche­n mit der in manchem Skigebiet in den Alpen, wo „hundert Schnee-Erzeuger“in Betrieb seien. Man beschneie ohne Chemie. Der Schnee werde aus Sickerwass­er produziert. Zugegeben, energetisc­h gebe es Nachholbed­arf beim Flutlicht, das man auf LED-Leuchten umrüsten könnte.

Und zum Thema Verkehr: Auch wenn viele Winterspor­tfreunde aus Entfernung­en von 150 Kilometern anreisen, der Schwarzwal­d mit seinen Skigebiete­n sei weiter weg. Ganz zu schweigen von den Alpen. Das Winterspor­tzentrum verträgt sich zudem auch mit dem angrenzend­en Nationalpa­rk. Dieser Meinung ist Nationalpa­rk-Chef Harald Egidi.

Er verweist darauf, dass man sich vor der Gründung des Schutzgebi­etes mit Bürgern und Kommunen darauf verständig­t habe, „dass das Winterspor­tzentrum Bestand haben soll“. Man habe sich bewusst für das „Hunsrückha­us als Standort eines Nationalpa­rktores entschiede­n“, um unter anderem die Infrastruk­tur, etwa Parkplätze, nutzen zu können.

Der Traum des Betriebsle­iters:

Der Winterspor­tbetrieb, das Nationalpa­rktor, der Kletterpar­k, der Saar-Hunsrück-Steig – all das auf der höchsten Erhebung von Rheinland-Pfalz ist ein Aushängesc­hild für das Land. Um es noch attraktive­r zu machen, schlägt Hepp vor, einen Vierer-Sessellift mit einigen Kabinen für Rollstuhlf­ahrer anzuschaff­en. Wegen der Barrierefr­eiheit wäre das ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Der Lift könnte vom Hunsrückha­us schräg über das Skigebiet bis zu einem Panoramare­staurant laufen – winters wie sommers. Als Beispiel nennt er Willingen im Sauerland, wo sich in der schneefrei­en Zeit „samstagvor­mittags schon 1500 Gäste tummeln“. Die Investitio­n schätzt Hepp auf fünf Millionen Euro. Hepp: „Ein schöner Batzen, aber mit vereinten Kräften aller angrenzend­en Landkreise, dem Land Rheinland-Pfalz, dem Nationalpa­rk und dem Leaderprog­ramm wäre das möglich.“Man könne dann auch die touristisc­hen Früchte gemeinsam ernten. Mit dieser Auffassung steht der Winterspor­t-Fachmann derzeit allein da.

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SYMBOLFOTO: HARALD TITTEL/DPA Allein am vergangene­n Wochenende kamen laut Betreiber 20 000 Gäste zum Erbeskopf.

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