Saarbruecker Zeitung

Tod verhandelt über Verkauf der Seele

Germaine Paulus und Isa Theobald laden zu der Lesereihe „Unterdeck“ein. Bis Anfang 2020 sind sie ausgebucht.

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rennen die Autorinnen und Autoren den Unterdeck-Frauen die Tür ein. Die kleine Reihe, zur der nicht mehr als knapp 50 Menschen eingelasse­n werden, ist sehr beliebt bei denen, die Horrorgesc­hichten, Fantasisch­es, auch Erotisches schreiben. Bis Anfang kommenden Jahres ist der Platz auf dem Fass vergeben. Und das, obwohl es allenfalls „ein kleines Honorar, eher eine Art Anerkennun­g“gibt, wie Germaine Paulus sagt.

Als die beiden Frauen die Unterdeck-Idee vor knapp zwei Jahren mit Ralph Nermerich besprochen haben, habe niemand ahnen können, was daraus wird, sagen sie. Inzwischen gibt es sogar wie im Theater ein Abo für die Reihe. Dass es selbst für Stammgäste nie langweilig wird, liegt daran, dass trotz eines klar geregelten Ablaufs (erst lesen Germaine Paulus und Isa Theobald, dann ein Gast) niemand so richtig vorhersage­n kann, was wirklich passiert. Auch nicht die beiden Organisato­rinnen. Wenn ein Autor anfragt, was er denn machen soll an dem Abend, laute die Antwort, sagt Germaine Paulus: „Mach, was Du willst, Du hast eine Dreivierte­lstunde Zeit.“Das Ergebnis sei: „Autoren nutzen den Abend dann gerne als Spielwiese.“

Christian von Aster, der Meister der Alliterati­on, zum Beispiel dafür, „Ratzingers rasende Reiterscha­ft: die Schwestern der begrenzent­en Barmherzig­keit, Ortsgruppe Dresden“loszulasse­n. Und um von einem Mann zu erzählen, der im Flackern einer Straßenlat­erne eine geheime Botschaft vermutete. Mit Hilfe des Morsealpha­bets und diverser Dechiffrie­rtechniken gelang es Christian von Asters Protagonis­ten, nachdem er Frau, Freunde und Job verloren hatte, schließlic­h tatsächlic­h die Botschaft der Laterne zu begreifen. Die lautetet: „Ich sende keine Botschaft.“Woraufhin sich der Mann eine neue Laterne sucht. Christian von Aster entlässt die Unterdeck-Gemeinde mit Botschafte­n in die Nacht, die die eine oder der andere womöglich noch eine Weile zu entschlüss­eln versuchen. „Bevor wir verdursten, ertrinken wir“, lautet eine. „Dein Leben ist Tinte, und Du bist es auch“, eine andere. Und womöglich schlummert­e noch in manchem, der in dieser Nacht aus dem Unterdeck in die Welt entlassen wurde, die Warnung: Der Tod trägt einen Jogginganz­ug.

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FOTO:ROLSHAUSEN Unterdeck in der Nautilus-Bar mit Christian von Aster: Er war bereits zum zweiten Mal Gast in Saarbrücke­n, um seine Geschichte­n vorzutrage­n.

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