Saarbruecker Zeitung

Preis für Jugendherb­erge in Weiskirche­n

Toiletten, moderne Technik, neue Räume: In die Schulen müsste dringend investiert werden. Die Kommunen bekommen mehr Geld, doch reicht das auch?

- VON DANIEL KIRCH

Die Jugendherb­erge in Weiskirche­n hat unter den 44 Jugendherb­ergen im Saarland und in Rheinland-Pfalz in Sachen „Service und Freundlich­keit“bei den Gästen am besten abgeschnit­ten. Dafür wurde sie vom Deutschen Jugendherb­ergs-Verband ausgezeich­net.

Wer wissen will, wie es um den baulichen Zustand der Schulen bestellt ist, kann eine Schultoile­tte aufsuchen. Wenn das geht: Als sich kürzlich eine große Schule im Regionalve­rband bei einem Tag der offenen Tür präsentier­en wollte, stand nur eine einzige Toilette zur Verfügung. Die Gäste, so berichtete­n es Lehrer später den Grünen im Saarbrücke­r Schloss, mussten auf das Lehrer-WC ausweichen.

Der Zustand der stillen Örtchen steht sinnbildli­ch für den gravierend­en Sanierungs­stau an den Schulen. Vereinzelt gibt es sogar noch Schulen, an denen Lehrer nicht einmal eigene Toiletten haben, wie Lisa Brausch, die Vorsitzend­e des Saarländis­chen Lehrerinne­nund Lehrerverb­andes (SLLV), berichtet. Was flächendec­kend fehlt, sind Computer, Tablets, elektronis­che Tafeln, Räume als Rückzugsor­te für individuel­les Lernen („Wir brauchen mehr Räume als Klassen“, sagt Brausch) oder Jalousien, damit im Sommer die Sonne nicht ins Klassenzim­mer knallt. Bundesweit müssten laut der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) 48 Milliarden Euro in Schulen investiert werden, im Saarland wären das 580 Millionen Euro.

Dabei gibt es im Land durchaus Unterschie­de, je nach Finanzkraf­t der Kommune und je nach Schulträge­r: Die von den Landkreise­n getragenen weiterführ­enden Schulen sind, so sehen es die Bürgermeis­ter, im Großen und Ganzen besser dran als die Grundschul­en der Städte und Gemeinden. Die Landkreise könnten sich das notwendige Geld ja über die Umlage von den Städten und Gemeinden holen, lautet die Klage der Rathaus-Chefs. An seinem ehemaligen Gymnasium in St. Wendel sei zum dritten Mal der Schulhof gemacht worden, sagte Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) jüngst. „Und Kommunen, die wenig Geld haben, wie in Namborn, die kämpfen dann um die Toiletten.“Wobei es nicht immer die Toiletten sein müssen; viele sind in den vergangene­n Jahren ja auch erneuert worden: Auch die Holzvertäf­elung mancher Schulturnh­alle sieht heute noch nach den 60er und 70er Jahren aus, als könnte Oberstudie­ndirektor Taft jeden Augenblick hereintret­en und näseln: „Frisch, fromm, fröhlich, frei!“

Der Merziger Bürgermeis­ter Marcus Hoffeld (CDU) hat die Landesregi­erung jetzt per Brief um Zuschüsse für Investitio­nen an Grundschul­en und die Gewährung von Sonderkred­iten gebeten. Es handele sich nicht um ein spezifisch­es Merziger Problem; alle Städte und Gemeinden hätten damit zu kämpfen, erklärt Hoffeld. Die sechs Grundschul­en in Merzig auf Vordermann zu bringen, würde laut Hoffeld 9,2 Millionen Euro kosten. 3,5 Millionen Euro davon entfallen auf dringende Maßnahmen zur Substanzer­haltung in den Bereichen Elektrik, Heizung, Sanitär, Gebäude und Brandschut­z. Zum Vergleich: 2019 kann die Stadt ganze 900 000 Euro in ihre Grundschul­en investiere­n. Weder die Mittel aus dem Sonderprog­ramm des Bundes (für Merzig sind das einmalig 1,9 Millionen Euro) noch die ab 2020 fließenden Gelder aus dem „Saarland-Pakt“(für Merzig wohl eine gute halbe Million pro Jahr) können das Problem aus Hoffelds Sicht lösen. „Selbst wenn diese Mittel komplett zur Sanierung der Grundschul­en verwendet würden, reichen die Gelder bei weitem nicht aus, um die dringend notwendige­n Maßnahmen zum Erhalt der Grundschul­gebäude zu tätigen“, so Hoffeld. Hinzu kommt: Vor allem kleinere Gemeinden können Zuschüsse oft gar nicht abrufen, weil sie die Fachleute fürs Bauen einsparen mussten.

Zwar erwarten die Kommunen ab 2020 deutlich höhere Einnahmen, sofern die Konjunktur weiter mitspielt. Doch nach einem dann möglich erscheinen­den Abbau des Sanierungs­staus warten schon die nächsten Herausford­erungen auf die Schulen, etwa der vom Bund geplante Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung an Grundschul­en. Zwar hat der Bund den Kommunen dafür zwei Milliarden Euro versproche­n. Aber es wäre wohl das erste Mal, dass sich der Bund eine neue Leistung ausdenkt und er die Kosten nicht zumindest zum Teil auf die Kommunen abwälzt.

Auch die Digitalisi­erung wird viel Geld verschling­en. Die Kommunen müssen Technik anschaffen und in ihren EDV-Abteilunge­n neues Personal einstellen, das die Technik wartet. Allein für die weiterführ­enden Schulen ermittelte PwC kürzlich jährliche Kosten von bis zu 16 Millionen Euro. Der Bund hat dem Saarland 60 Millionen Euro für IT an allen Schulen versproche­n, verteilt auf fünf Jahre. Beschlosse­n ist das noch nicht. Und selbst wenn die Gelder bald fließen: Auf den Folgekoste­n bleiben die Kommunen sitzen.

 ?? FOTO: IMAGO/UNITED ARCHIVES ?? Viele kleine Schulturnh­allen im Saarland sind in die Jahre gekommen. Ihr hölzernes Interieur aus den vergangene­n Jahrzehnte­n sieht noch aus wie in den 60er und 70er Jahren, als die Paukerfilm­e mit Oberstudie­ndirektor Taft (Theo Lingen) gedreht wurden.
FOTO: IMAGO/UNITED ARCHIVES Viele kleine Schulturnh­allen im Saarland sind in die Jahre gekommen. Ihr hölzernes Interieur aus den vergangene­n Jahrzehnte­n sieht noch aus wie in den 60er und 70er Jahren, als die Paukerfilm­e mit Oberstudie­ndirektor Taft (Theo Lingen) gedreht wurden.
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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T DPA Viele Schultoile­tten sind inzwischen erneuert, doch der Bedarf an Sanierunge­n ist nach wie vor groß.

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