Parteien im Landtag lehnen Frauenquote auf Wahllisten ab
Ein Gesetz, das 50 Prozent Frauenanteil im Landtag vorschreibt, wird es nicht geben. Keine Fraktion will einen solchen Entwurf einreichen. Warum nicht?
(kir) Für die nächste saarländische Landtagswahl im Jahr 2022 wird es keine gesetzlichen Vorgaben zum Anteil der Frauen auf den Wahllisten der Parteien geben. Die Forderung der Grünen, im Saarland nach dem Vorbild Brandenburgs eine gesetzliche Frauenquote für die Bewerberlisten einzuführen, findet im Landtag keine Anhänger. Die Fraktionen von SPD und Linke verwiesen auf SZ-Anfrage darauf, dass bei ihnen der Frauenanteil bereits heute vergleichsweise hoch sei, die CDU äußerte grundsätzliche Vorbehalte gegenüber staatlichen Quoten, und die AfD sprach vom „Gipfel des Gender- und Quotenwahnsinns“. Die Fraktionen der großen Koalition begründeten ihre Zurückhaltung außerdem mit verfassungsrechtlichen Bedenken. In Brandenburg haben Junge Liberale und Piraten Verfassungsbeschwerden gegen das dortige von SPD, Linken und Grünen im Landtag durchgesetzte Paritätsgesetz angekündigt.
Anders als Brandenburg wird das Saarland keine gesetzliche Frauenquote für den Landtag einführen. Zwar gibt es fraktionsübergreifend breite Unterstützung für einen höheren Anteil der Frauen in der Politik. Allerdings will keine der vier Fraktionen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen, wie eine Umfrage der SZ ergab.
Brandenburg hatte am 31. Januar als erstes Bundesland ein Gesetz beschlossen, nach dem alle Parteien für die Landtagswahl gleich viele Frauen und Männer als Kandidaten aufstellen müssen. Der Landtag in Potsdam billigte die Änderung des Wahlgesetzes mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen.
Die SPD-Fraktion im saarländischen Landtag erklärte das Ansinnen des Landes Brandenburg, mehr Frauen ins Parlament zu bringen, grundsätzlich für „durchaus begrüßenswert“. Ein Paritätsgesetz könne allerdings nur dann wirken, wenn verfassungsrechtliche Bedenken und eine mögliche Zurückweisung durch das Bundesverfassungsgericht juristisch geklärt seien, sagte ein SPD-Fraktionssprecher.
Piraten und Junge Liberalen in Brandenburg wollen Beschwerden beim Verfassungsgericht einlegen. Die Julis beklagen einen Verstoß gegen die wahlrechtlichen Grundsätze und einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Programm-, Organisationsund Wahlvorschlagsfreiheit der Parteien, die Piraten sehen durch das Gesetz das dritte Geschlecht missachtet.
Die Regelungen der SPD zur Aufstellung von Wahllisten führten heute schon zu einem vergleichsweise hohen Frauenanteil, begründete die saarländische SPD-Fraktion (sieben Frauen und zehn Männer) ihre Zurückhaltung. Eine Gesetzesinitiative plane man daher nicht.
Die CDU-Fraktion sieht ein Paritätsgesetz als den falschen Weg an. „Zum einen stehen wir staatlich verordneten Quoten prinzipiell eher skeptisch gegenüber, zum anderen haben wir verfassungsrechtliche Bedenken, da das Gesetz ein Eingriff in die Wahlfreiheit wäre und das freie Vorschlagsrecht der Parteien einschränken würde“, teilte Fraktionssprecherin Jasmin Glutting mit. Gleichzeitig bekenne sich die CDU-Fraktion ausdrücklich zu mehr Gleichberechtigung und gehe mit gutem Beispiel voran: Die Hälfte der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und die Mehrheit der CDU-Ausschussvorsitzenden seien Frauen. Allerdings sind 17 von 24 CDU-Abgeordneten Männer. „Um die Frauenquote im Parlament zu erhöhen, müssen wir mehr Frauen dafür gewinnen, sich aktiv in die Politik einzubringen“, teilte die Fraktion mit.
Auch die Linksfraktion winkte ab: Grundsätzlich sollten alle gesellschaftlichen Gruppen in den Parlamenten angemessen vertreten sein. „Deshalb sind mehr Frauen in den Landtagen und im Bundestag ebenso wünschenswert wie etwa mehr Arbeiterinnen und Arbeiter, Geringverdienerinnen und Geringverdiener und Arbeitslose oder mehr junge Menschen“, erklärte Fraktionssprecher Martin Sommer. Die Linke habe daher seit Gründung eine feste Frauenquote. Auf den Listen der Linken für die Landtagswahl 2017 seien drei Frauen und vier Männer gewählt worden, in der vergangenen Wahlperiode sogar sechs Frauen und drei Männer. Auch angesichts eines Frauenanteils von 34,9 Prozent unter den Parteimitgliedern im Saarland könne nicht von einer Unterrepräsentation gesprochen werden. „Deshalb braucht es keine Regelung wie in Brandenburg“, erklärte Sommer.
Am deutlichsten gegen ein Paritätsgesetz bezog die AfD-Fraktion Stellung. Das neue Gesetz in Brandenburg sei „der Gipfel des ‚Genderund Quotenwahnsinns‘“, sagte Fraktionssprecher Bernd Krämer. Es werde nur eine Frage der Zeit sein, bis das dritte Geschlecht entsprechende Rechte einfordern werde. Frauen müsse eine gleichberechtigte politische Teilhabe ermöglicht werden, erklärte die aus drei Männern bestehende AfD-Fraktion, „aber nicht schon wieder mit einer Zwangsquote“.