Saarbruecker Zeitung

Sprint-Weltrekord­ler Heinz Fütterer ist tot

Der ehemalige Sprint-Weltrekord­ler Heinz Fütterer ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Ein Duell mit Jesse Owens blieb ihm verwehrt.

- VON ULRIKE JOHN

Mit Heinz Fütterer ist einer der bekanntest­en deutschen Sprinter aller Zeiten gestorben. Der „Weiße Blitz“, der 1954 in handgestop­pten 10,2 Sekunden einen Weltrekord über die 100 Meter aufstellte, wurde 87 Jahre alt.

(dpa) Sie nannten ihn den „Weißen Blitz“, denn er war einst so schnell wie der berühmte Jesse Owens. Der frühere SprintStar Heinz Fütterer ist tot. Er starb in der Nacht zu Sonntag im Alter von 87 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit zuhause im badischen

Elchesheim-Illingen, wie sein Sohn Marc der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Fütterer stellte 1954 den 100-Meter-Weltrekord von Owens ein, als er in Japan handgestop­pte 10,2 Sekunden rannte. Seine damalige Popularitä­t und sein Ansehen lässt sich am besten daran messen, dass Fütterer 1954 „Sportler des Jahres“war – und nicht etwa Fußball-Weltmeiste­r Fritz Walter, der nach dem „Wunder von Bern“bei dieser Wahl Zweiter wurde.

Noch bis im November hatte der bis ins hohe Alter agile Fütterer Golf gespielt. Der gelernte Fischer und später erfolgreic­he Geschäftsm­ann war zwischen 1954 und 1958 drei Mal Europameis­ter und holte 1956 Olympia-Bronze mit der deutschen 4x100-Meter-Staffel. Gegen den großen Owens ist Fütterer nie gerannt, und doch ist sein Name eng mit der Leichtathl­etik-Ikone verbunden.

Noch zu seinem 85. Geburtstag sagte Fütterer in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur: „Mir geht’s so weit gut.“Sein Rezept: täglich ins hauseigene Fitnessstu­dio und sein Lebenselix­ier aus dem Schwarzwal­d, die Milch. Ein bisschen klagte er dann aber doch: Bei einem Sturz hatte er sich eine Sehne in der Schulter verletzt, da fiel ihm das geliebte Golfspiele­n schwer. Zu seinen besten Zeiten hatte er Handicap zwölf, auch das ist aller Ehren wert.

Zu seinen Glanzzeite­n war Fütterer der schnellste Mann der Welt. Der Leichtathl­et vom Karlsruher SC gewann 536 internatio­nale Rennen, blieb von 1953 bis 1955 ungeschlag­en und war 1954 Europameis­ter über 100 und 200 Meter. Sein Europareko­rd über 200 Meter (20,8 Sekunden) hielt über 20 Jahre. Heutige Sprinter können so etwas nicht glauben, aber: Fütterer bestritt meist über 100 Rennen pro Saison.

Zum jamaikanis­chen Superstar und achtmalige­n Olympiasie­ger Usain Bolt hatte Fütterer stets eine klare Meinung: „Ich sage immer noch: Er ist sauber!“Fast alle Medaillen und Erinnerung­sstücke seiner beeindruck­enden Karriere sind im Heimatmuse­um in Illingen bei Karlsruhe oder bei einer Wanderauss­tellung zum „Sportler des Jahres“zu sehen. Aber eine Kopie des Ölgemäldes von Hans Borchert für die Hall-of-Fame-Mitglieder hing in Fütterers Eigenheim unweit des Rheins. Das Bild hat seine Heimatgeme­inde mal ihrem bekanntest­en Sohn geschenkt.

Seine einzige Olympiamed­aille brachte der Badener 1956 aus Melbourne mit, wo er zusammen mit der deutschen Staffel Bronze errang. Er war jedoch mit einem verletzung­sbedingten Trainingsr­ückstand angereist und schied im 100-Meter-Zwischenla­uf aus. Zwei Jahre später rannten Martin Lauer, Manfred Steinbach, Fütterer und Manfred Germar in Köln in 39,5 Sekunden Weltrekord über 4x100 Meter.

1952 bei den Sommerspie­len in Helsinki fehlte Fütterer. Einen Tag vor der Abreise hatte er sich eine Muskelverl­etzung zugezogen. „Da ist eine Welt für mich zusammenge­brochen“, erinnert er sich: „Ich hatte schon den offizielle­n Anzug und einen Hut an, den ersten Hut meines Lebens.“

Jesse Owens, den von den Nazis verhassten Olympia-Helden von Berlin 1936, der 1980 starb, hat Fütterer einmal getroffen: am Rande der Olympische­n Spiele von Melbourne, zu einem Fototermin. Mehr als ein kurzes Gespräch gab es nicht. Im Heimatmuse­um von Elchesheim-Illingen steht aber ein Blechspiel­zeug: Und wenn man mit der Kurbel die beiden Spielzeug-Sportler auf der Laufbahn antreibt, überholt Fütterer im Endspurt den legendären Amerikaner.

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FOTO: DECK/DPA Heinz Fütterer, Ex-Weltrekord­ler über 100 Meter, zeigt auf diesem Foto Laufschuhe von sich aus dem Jahr 1957. Der Sportler des Jahres 1954 ist in der Nacht zu Sonntag gestorben.

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