Saarbruecker Zeitung

AKK und ihr SPD-Verspreche­r – ein Lapsus in bester Gesellscha­ft

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Das ist auch schon ganz anderen passiert – CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r eröffnete das „Werkstattg­espräch“der Union zur Flüchtling­spolitik mit einem gehörigen Lapsus: Sie freue sich, dass man „als Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemo­kraten“diskutiere, sagte AKK. Gelächter des rein christdemo­kratischen Publikums, die einen waren amüsiert, die anderen peinlich berührt. Kann vorkommen. Oder steckt hinter dem Verspreche­r doch mehr? So etwas wie eine Freud’sche Fehlleistu­ng, bei der man unbedacht das sagt, was man eigentlich denkt?

AKK befindet sich in bester Gesellscha­ft. „Lieber Roland Kotz… Koch“, rutschte es zum Beispiel Angela Merkel 2008 beim CDU-Parteitag in Stuttgart heraus, als sie den damaligen hessischen Ministerpr­äsidenten begrüßte. Dass sie und Koch keine Freunde waren, er sie am liebsten als Kanzlerin verhindert hätte, weiß man. Insofern glauben viele, dass der Verspreche­r nur Merkels wahren Blick auf Koch wiedergege­ben hat. Auch ihre Vorgänger haben schon daneben gelangt: So erklärte Helmut Kohl 1989: „Bei einem guten Koalitions­klima wie wir es haben, wo wir pfleglich miteinande­r untergehen … miteinande­r umgehen“. Und SPD-Kanzler Gerhard Schröder stellte die These auf: „In der Realität gibt’s das auch in Wirklichke­it.“

Immer gut für Verbalakro­batik ist auch Edmund Stoiber gewesen, früher CSU-Chef und bayerische­r Ministerpr­äsident. „Ich weiß, was es heißt, Mutter von drei Kindern zu sein“, meinte Stoiber beim politische­n Aschermitt­woch der CSU 2007 in Passau. Ein Beleg, dass der Bajuware gerne schneller gesprochen als gedacht hat. Anders der verstorben­e FDP-Chef und Außenminis­ter Guido Westerwell­e, wobei auch bei ihm schon mal ein Gedanke sprachlich aus dem Ruder lief: „Ich kann nicht schätzen, ich kann nur raten. Ich schätze mal…“, sagte Westerwell­e.

Ordentlich daneben langte auch Andrea Ypsilanti. Zur Erinnerung: Die hessische SPD-Spitzenfra­u ging nach der Landtagswa­hl aus dem Jahr 2008 unter, weil sie entgegen ihres Wahlverspr­echen doch mit Hilfe der Linken an die Macht wollte – und sagte: „Ich bin in Rüsselshei­m als Sohn eines Opel-Arbeiters geboren.“Ob demgegenüb­er der Satz von Franz Münteferin­g, einst SPD-Chef und Vizekanzle­r, ein Versehen gewesen ist oder doch nur schonungsl­os ehrlich, ist bis heute ungeklärt: „Es ist unfair, Regierungs­parteien an ihren Wahlverspr­echen zu messen“, meinte Münteferin­g nach dem Wahlkampf 2005.

Nun muss sich AKK nicht grämen, Begrüßunge­n sind schon öfter in die Hose gegangen. So nannte Ex-Bundespräs­ident Joachim Gauck die „verehrten Gäste“mal „verkehrte Äste“. Gleichwohl könnte der SPD-Verspreche­r Kramp-Karrenbaue­r noch auf die Füße fallen. Denn vielleicht fühlen sich jetzt jene bestätigt, die in der Saarländer­in eben nicht einen Neuanfang, sondern nur eine Fortsetzun­g von Merkel sehen. Und die wiederum soll die CDU ja sozialdemo­kratisiert haben...

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FOTO: HASE/DPA Ex-CSU-Chef und Ex-Ministerpr­äsident Edmund Stoiber
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FOTO: SCHINDLER/DPA Andrea Ypsilanti, einstige hessische SPD-Chefin
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FOTO: PERSKE/DPA CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r

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