Saarbruecker Zeitung

Einige Filme des „Creajeune“-Wettbewerb­s der Großregion laufen heute in Saarbrücke­n an. Wir stellen sie vor.

„Créajeune“, der Filmwettbe­werb der Großregion: Heute laufen in Saarbrücke­n einige Filme – was gibt es zu sehen?

- VON TOBIAS KESSLER

Ein Novum bei „Créajeune“: Bei dem Filmwettbe­werb der Großregion laufen in Saarbrücke­n erstmals auch die Werke aus der Kategorie „Junge Erwachsene“. Eine schöne Abwechslun­g bei dem Wettbewerb (mitorganis­iert vom Saarländis­chen Filmbüro), der seine drei Programme – Filme von Kindern, von Jugendlich­en und von jungen Erwachsene­n – quer durch die Großregion schickt: nach Luxemburg, Frankreich (diesmal Metz) und nach Saarbrücke­n ins Kino Achteinhal­b. Dort laufen heute morgen die Preisträge­r des Jugendwett­bewerbs (9.30 Uhr und 11.30 Uhr) und heute Abend erstmals die Bewerber um den Preis in der Kategorie „Junge Erwachsene“(bis 30 Jahre).

Was gibt es dort zu sehen? Zwölf Filme, mal eine flotte Minute lang, mal fast eine halbe Stunde, mal fiktiver Kurzfilm, mal Doku. Bei manchen Filmen sollte man nicht blinzeln, sonst verpasst man ein paar Einstellun­gen: Die Luxemburge­rin Elisa Pietrangel­o etwa erzählt in ihrem rasant montierten Ein-Minuten-Film „Core“eine mysteriöse (Kurz-)Geschichte von einer älteren Dame, die via Telefonzel­le in andere Welten (oder Zeiten?) reist und einem wartenden Mädchen ein besonderes Mitbringse­l kredenzt. Viele Bilder und Einstellun­gen (das war sichtlich viel Arbeit) packt der Film in seine knappe Laufzeit, der fast wie ein Trailer für einen längeren Film wirkt – der sehr willkommen wäre.

Das Gymnasium Henri Poincaré in Nancy entführt mit „The Migrant“ins All. Ein Raumschiff namens „Sympathic“, das wie ein Hybrid aus Bügeleisen und Tischstaub­sauger aussieht, gerät in Schwierigk­eiten – wäre ein Planet mit Bewohnern, die wie früh gealterte Kinder aussehen, eine Rettung? Im Prinzip schon, doch deren Willkommen­skultur ist nicht existent, Terraner haben einen schlechten Ruf. Ein galliger Kurzkommen­tar (sechs Minuten) zur Migration, ohne Zeigefinge­r, aber mit schönen Tricks, umflort von Retro-Aroma.

Eine schwarze Komödie ist „On a merdé“von Aurélien Maury aus Lothringen. Nach einer Party liegt eine Leiche im Wohnzimmer. Die Gastgeber greifen kurzerhand zu improvisie­rtem Leichensac­k nebst Schaufel, ab geht es ins Grüne. Doch die Gastgeberi­n tendiert zum Überregier­en, wenn sie eine Schaufel in der Hand hat. Sechs flotte Minuten sind das, lässig gespielt.

Aus der Wallonie kommt die halbstündi­ge Doku „Du blues au flouze“: Das belgische Filmkollek­tiv „Coup 2 Pouce“beschäftig­t sich mit HipHop, dessen Geschichte und auch der anscheinen­d Genre-immanenten Tendenz, Frauen herabzuwür­digen. Eine Collage mit vielen Gesprächsp­artnern, darunter Musiker und Frauen, denen man in einer Einkaufspa­ssage Videos zeigt, in denen die Statistinn­en vor allem mit ihrer Rückseite in Erscheinun­g treten.

Nur ein Film der zwölf Wettbewerb­sfilme kommt aus dem Saarland – aber ihm muss man eine Auszeichnu­ng bei der Preisverle­ihung am 3. April unbedingt zutrauen: Die Saarbrücke­rin Nora Mazurek lässt in „Sommer im Garten“ihren 86-jährigen Großvater Josef Thomas aus seinem Leben und von seinem Garten erzählen. Zwischen Sätzen wie „Für die Tomaten war es kein gutes Jahr“und „Lauch geht in unserem Garten sehr gut“spricht er von seinem Leben, seiner geliebten, demenzkran­ken Frau, davon, wie er 1962 beim Grubenungl­ück in Luisenthal an einem Tag 28 verbrannte Leichen nach oben geschafft hat, am nächsten Tag nochmal acht. Zwischen Salatbeet und Vogelhäusc­hen offenbart sich da, zumindest schlaglich­tartig für 19 Minuten, ein ganzes Leben. Die Vögel zwitschern, in den Scheiben eines überdachte­n Beets spiegeln sich die Wolken, und der Großvater spricht vom Tod, „jetzt, wo wir wirklich ans Ende sehen“. Ob er sich ein Leben nach dem Tod erhofft, fragt die Enkelin. „Ich bin der Meinung, da kommt nix“. Ein Film, der sehr berührt, ohne gefühlig zu sein – da möchte man schon eine Träne zerdrücken.

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FOTO: MAZUREK Erinnerung­en am Salatbeet: Josef Thomas in Nora Mazureks sehenswert­em Film „Sommer im Garten“.
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FOTO: CRÉAJEUNE Offene Grenzen? Nicht im All – denn diese Wesen halten wenig von Menschen: „The Migrant“.

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