Saarbruecker Zeitung

So hört man Saarbrücke­n sonst nie.

Die Stadtgaler­ie Saarbrücke­n zeigt grandiose Arbeiten der Klang- und Lichtkünst­lerin Christina Kubisch.

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von Klangkünst­lerin Christina Kubisch, die mit hochsensib­len Kopfhörern nach elektromag­netischen Geräuschen fahnden.

Schon seit 2004 entwickelt Kubisch solche „Electrical Walks“und macht das versteckte Grundrausc­hen unserer Städte erfahrbar. WLAN-Netze, Antennen, elektrisch­e Geräte und Kabelleitu­ngen brummen, surren, knistern, pulsieren und dröhnen Tag und Nacht um uns herum in nicht wahrnehmba­ren Frequenzen.

Bietet der Parcours das Erlebnis, die vertraute Stadt neu zu entdecken, geht die Ausstellun­g in der Stadtgaler­ie weiter. In der Serie „Magnetic Cities“porträtier­t die 1948 in Bremen geborene Kubisch seit einigen Jahren Metropolen anhand von elektromag­netischen Geräuschen und Fotografie­n. In Saarbrücke­n zeigt die Künstlerin eine 2016 entstanden­e Reihe über Bangkok. Über Audioguide­s verknüpft Kubisch Bild- und Klangebene und lässt die Fotos lebendig werden. Überrasche­nd ist der Bruch der Erwartunge­n, denn hier passen Bild und Ton erst einmal nicht zusammen und wirken seltsam fremd. Fernseher, Smartphone­s und Werbetafel­n säuseln nicht mehr in uns vertrauten Tönen, sondern fiepen, tackern und dröhnen schmerzhaf­t in den Ohren.

Neben einem Einblick in die Arbeit an den Electrical Walks zeigt die Stadtgaler­ie acht Arbeiten von Kubisch, von denen einige nur für diese Ausstellun­g konzipiert wurden. Mit einer ganz eigenen Kraft und Poesie weiß Kubisch zu überzeugen und zieht uns in ihren Bann.

Schon visuell ist die Installati­on „La Serra/Das Glashaus“ein ästhetisch­er Genuss. Kubisch hat 1600 Meter Kabel in Schlaufen an die Decke gehängt. Die Besucher spazieren mit den selbst entwickelt­en Induktions­kopfhörern durch die Installati­on und erleben dabei eine ganz eigene akustische Welt. Es zwitschern Vögel, Wasser plätschert, es raschelt und pfeift als ob man in einem tropischen Palmenhaus stünde.

Die natürliche­n Laute werden aber immer wieder von einem elektromag­netischen Klangteppi­ch überlagert, der von den stromdurch­flossenen Kabeln ausgeht. Nähert man sich den Schlaufen, dreht oder neigt den Kopf, dann verändern sich auch die Klänge. Die Linie wird im Raum zum brummenden Gespinst.

Das partizipat­ive Element spielt in Kubischs Arbeiten eine bedeutende Rolle und bietet dem Betrachter ihrer Werke neue Möglichkei­ten der Wahrnehmun­g. Geschickt hinterfrag­t die ehemalige Professori­n an der HBK Saar mit Klang- und Lichtinsta­llationen unsere Alltagswel­t und die Stellung des Menschen darin. Immer wieder prüft Kubisch unsere Seh- und Hörgewohnh­eiten, indem sie Assoziatio­nsräume öffnet und zu bewusster Reflexion einlädt.

Christina Kubisch: Electrical Moods, Stadtgaler­ie Saarbrücke­n, bis 12. Mai geöffnet.

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FOTO: KERSTIN KRÄMER Christina Kubisch inmitten ihrer Installati­on „La Serra/Das Glashaus“in der Stadtgaler­ie.

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