Saarbruecker Zeitung

Matjesfile­t und runzelige Zehen

Man muss den Dingen nur die richtigen Namen geben – schon ist alles ganz anders.

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Na, war am Wochenende „Forest Bathing“angesagt? Wie, kennen Sie nicht? „Forest Bathing“, ein neuer Trend aus Japan. Forest, also Wald. Und Bathing, also baden. Baden im Wald, quasi. Jetzt nicht so mit Schaum in den Achseln, vom Wasser ganz runzelige Zehen und die nassen Haare lustig in die Stirn kämmen. „Forest Bathing“ist mehr so eine Trockenübu­ng. Wenn es nicht gerade regnet. Es geht darum, den Wald in seiner Gänze zu fühlen und zu verinnerli­chen. Und zwar indem man in den Wald eintaucht. Also im übertragen­en Sinne. Das tut man, indem man in den Wald, wie soll ich sagen, geht. Also mit den Füßen. Genau, man geht in den Wald. Ja, man spaziert regelrecht durch den Wald. Man könnte es auch Waldspazie­rgang nennen. Aber mal ehrlich: Wenn man mit seinen Freunden im Polo-Club bei Chia-Samen-Schnitzel und ’ner Tasse Moët zusammenho­ckt, kann man mit einem schnöden Waldspazie­rgang kaum was reißen. Prahlt man aber mit super Bodybalanc­e dank „Forest Bathing“, wird selbst Botox-Britta neugierig die aufgepumpt­en Lippen spitzen. Aber das ist ja nix Neues: Fühlt man sich nach einem Mittagssch­läfchen in der Regel derart verknetsch­t, dass man erst am frühen Abend wieder langsam auf Touren kommt, wenn der vertrockne­te Schorf vom Gaumen bröckelt, sieht das beim „Power Nap“ganz anders aus. Da verpflicht­et der Begriff einen ja quasi dazu, dass man nach dem Poofen im Saft steht wie eine Magnum-Flasche Champagner und sich so frisch fühlt wie ein Matjesfile­t auf dem Fischmarkt.

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