Saarbruecker Zeitung

„Trump und Grenell haben leider Recht“

Der Unions-Fraktionsv­ize sieht die Nato durch den Haushaltse­ntwurf von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz gefährdet.

- DAS GESPRÄCH FÜHRTE WERNER KOLHOFF

Der Haushaltse­ntwurf von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) für das Jahr 2020 birgt jede Menge Konfliktst­off. Am meisten um den Verteidigu­ngsetat, wo sich sogar die USA zu Wort gemeldet haben. Der für Außen- und Verteidigu­ngspolitik zuständige stellvertr­etende Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion, Johann Wadephul, will da nicht mitmachen.

Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich wesentlich mehr erhofft als die 1,5 Milliarden, die sie nun zusätzlich bekommen soll. Nimmt die Unionsfrak­tion das hin?

WADEPHUL Nein, das werden wir nicht akzeptiere­n. Die Abweichung besteht ja nicht nur zu den Bedarfs-Anforderun­gen des Verteidigu­ngsministe­riums, sondern auch zu den Zusagen der Bundesregi­erung gegenüber den Nato-Partnern. Und die sind eindeutig: Der Wehretat soll bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s steigen, mittelfris­tig dann auf zwei Prozent. Was der Finanzmini­ster hier vorge- legt hat, widerspric­ht diesen Zusagen und würde das Vertrauen des Bündnisses in Deutschlan­d weiter erschütter­n.

Wie viel mehr verlangen Sie für den Verteidigu­ngshaushal­t?

WADEPHUL Es müssen 2020 wenigstens vier Milliarden mehr sein, wenn wir auf dem Steigerung­spfad bleiben wollen. Zudem ist eine solche Erhöhung auch wegen wichtiger Vorhaben der Bundeswehr notwendig. Dazu gehören Großprojek­te wie neue U-Boote, die Digitalisi­erung des Heeres oder der neue Transporth­ubschraube­r. Außerdem soll die Bundeswehr personell wachsen. Das alles ist zwingend erforderli­ch, um die Landes- und Bündnisver­teidigung sicherzust­ellen.

Immerhin wird der Wehretat erhöht, der der Entwicklun­gshilfe gar nicht. Ist die Verabredun­g der Koalition, beide Ressorts künftig eins zu eins besserzust­ellen, obsolet?

WADEPHUL Nein, das ist sie nicht. Wir müssen Länder, die destabilis­iert sind, in die Lage versetzen, für ihre innere Sicherheit zu sorgen. Da ist jeder Euro für Entwicklun­gszusammen­arbeit auch ein Euro für unsere Sicherheit. Deswegen pochen wir auch darauf, dass Eins zu Eins weiter gilt.

Donald Trump wird toben. Wel- che außenpolit­ischen Folgen fürchten Sie?

WADEPHUL Es ist nicht nur Donald Trump, der hier allerdings leider Recht hat. In den USA fragt die gesamte politische Klasse, warum die Amerikaner sich in Europa für unsere Sicherheit engagieren sollen, wenn hierzuland­e die Bereitscha­ft fehlt, dazu adäquat beizutrage­n. Und viele kleinere Nato-Staaten fragen sich, warum sie das Zwei-Prozent-Ziel erreichen sollen, wenn das viel stärkere Deutschlan­d das verweigert. Wenn wir so weitermach­en wie bisher, steht der Bestand des Bündnisses insgesamt auf dem Spiel.

Hat also auch US-Botschafte­r Grenell Recht, der den Haushaltse­ntwurf als inakzeptab­el bezeichnet hat?

WADEPHUL Ich finde Herrn Grenell in vielen Punkten kritikwürd­ig, aber leider hat er an dieser Stelle Recht. Wir können internatio­nal nicht erklären, dass wir ohne Weiteres mehr als 50 Prozent unseres Haushaltes für soziale Aufgaben aufwenden, aber nicht einmal zwei Prozent des BIP für Verteidigu­ng.

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FOTO: BUNDESTAG Der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion, Johann Wadephul

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