Saarbruecker Zeitung

Wie Juristen Eddas Pfändung begründen

Ein Rechtsguta­chten für einen gepfändete­n Mops — so etwas hat es in Deutschlan­d wohl noch nie gegeben. Die Stadt Ahlen hat damit jetzt schriftlic­h, dass sie Hund Edda einziehen und im Internet verkaufen durfte.

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(dpa) „Zu einem Hund lässt sich auch eine engere Bindung aufbauen als etwa zu einem Fisch“: Ein Satz, der in Aquarianer-Kreisen für Debatten sorgen könnte, und der den Streit um den gepfändete­n Mops Edda fortschrei­bt. Der Hund-FischVergl­eich stammt aus einem Rechtsguta­chten, das die Stadt Ahlen bei der renommiert­en Kanzlei Wolter Hoppenberg in Auftrag gegeben hat. Der Ton des Hunde-Gutachtens ist im wahrsten Sinne des Wortes knochentro­cken – der Inhalt tierisch interessan­t.

Für das 19-seitige Gutachten rekonstrui­erte ein dreiköpfig­es Team der Kanzlei den Fall, der zunächst das Münsterlan­d und schließlic­h sogar die New York Times beschäftig­te: Die Pfändung von Rasse-Mops Edda vom Cappenberg­ersee sowie der Verkauf über die Internetpl­attform Ebay. Das Gutachten enthüllt ein robustes Vorgehen der Beamten.

So kam es laut dem Papier am 26. November 2018 auf „richterlic­he Anordnung hin“zu einer „Durchsuchu­ng der Privatwohn­ung der Schuldneri­n“. Die Ahlenerin hatte bei der Stadt rund 7000 Euro Schulden. Unter anderem wegen der Hundesteue­r und Ganztagsbe­treuung für zwei schulpflic­htige Kinder. Bei der Suche nach pfändbaren Vermögensw­erten seien die beiden Vollziehun­gsbeamten in der Wohnung auf den Mops gestoßen, „dessen Anschaffun­gspreis nach Auskunft der Schuldneri­n bei 2400 Euro lag“, so das Rechtsguta­chten. Außer dem Tier habe man nichts Wertvolles gefunden – also wurde Edda später abgeholt.

Darf man das? Ja, besagt das Gutachten. Die Mops-Pfändung sei zulässig gewesen, da Frauchen sich „besonders hartnäckig“geweigert habe, ihre Schulden zu bezahlen. Vielmehr habe sie auch noch den teuren Hund gekauft: „Eine bewusste Missachtun­g bestehende­r Zahlungsve­rpflichtun­gen.“Auch die emotionale Bindung zum Mops könne so groß nicht sein, so die Rechtsexpe­rten, da die Frau „keine Anstrengun­gen unternomme­n hat, den Hund zurückzuer­langen“. Das Angebot der Stadt, die Pfändung rückgängig zu machen, habe sie sogar abgelehnt.

Einen Persilsche­in stellt die Kanzlei der Stadt mit dem Gutachten allerdings nicht aus. So ist von „Form- beziehungs­weise Verfahrens­fehlern“bei der Ebay-Versteiger­ung die Rede. Die seien aber nicht entscheide­nd. Ahlens Bürgermeis­ter Alexander Berger kündigte dennoch eine Dienstanwe­isung an, „damit sich ein ähnlicher Fehler in Zukunft nicht wiederholt“.

Hat die Pfoten-Posse damit ein Ende? Wohl kaum. Eddas neues Frauchen, die den Mops in Wilma umtaufte, hat Klage gegen die Stadt Ahlen eingereich­t. Sie will den Kaufpreis von 690 Euro zurück und Geld für die Tierarztko­sten. Der Hund sei als gesund, geimpft, entwurmt, ärztlich untersucht und mit Stammbaum angepriese­n worden. Das sei alles gelogen gewesen, sagt sie. Den Schriftsat­z hat Bürgermeis­ter Berger nach eigenen Angaben zur Prüfung an die gleiche Kanzlei weitergege­ben, die das Gutachten erstellt hat.

Was der juristisch­e Aufwand die Stadt bisher gekostet hat, konnte Kämmerer Dirk Schlebes gestern noch nicht sagen. Die Rechnung der Anwälte sei noch nicht eingegange­n. Am 25. März ist der Mops noch einmal Thema im Finanzauss­chuss der Stadt.

Bei seinem neuen Frauchen Michaela Jordan erholt sich die Hündin derweil von einer Augen-OP. „Die hat sie gut überstande­n“, sagte Jordan.

„Eine bewusste Missachtun­g bestehende­r Zahlungsve­rpflichtun­gen.“Die Kanzlei Wolter Hoppenberg über Eddas Ex-Frauchen

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FOTO: GUIDO KIRCHNER/DPA Gepfändet, bei Ebay verkauft, von Juristen begutachte­t und jetzt am Auge operiert: Mops Edda hat in letzter Zeit viel durchgemac­ht.

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