Saarbruecker Zeitung

Erneut geringere Wachstumsp­rognose

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) verliert zunehmend das Vertrauen der Unternehme­n.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Die Wirtschaft ist unzufriede­n mit Peter Altmaier. Gestern musste der Wirtschaft­sminister erneut die offizielle Wachstumsp­rognose der Bundesregi­erung nach unten korrigiere­n. Dies geschieht bereits zum dritten Mal in Folge. Zwar kündigte der CDU-Politiker zugleich Entlastung­en für Unternehme­n an. Doch sein Plan blieb vage.

Angesichts der aktuellen Konjunktur­schwäche erwartet Altmaier für das laufende Jahr beim Bruttoinla­ndsprodukt nur noch ein mageres Plus von 0,5 Prozent. Zur Erinnerung: Im Januar hatte die Regierung den Zuwachs noch auf einen Wert von 1,0 Prozent taxiert. Und noch im vergangene­n Herbst waren für das Jahr 2019 sogar 1,8 Prozent mehr veranschla­gt worden.

Eine rasante Talfahrt. Die wirtschaft­liche Entwicklun­g habe sich seit Mitte 2018 abgekühlt, erklärte Altmaier zur Begründung der erneut korrigiert­en Prognose. Diese Abkühlung sei auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht überwunden. Allerdings, so erklärte der Minister optimistis­ch vor der Presse, gebe es die Aussicht auf eine „deutliche Erholung“. So soll die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr bereits wieder um 1,5 Prozent zulegen. Eine Stütze dafür ist nach Einschätzu­ng der Bundesregi­erung der private Konsum. Auch die Bauwirtsch­aft boomt und gilt deshalb als Hoffnungst­räger.

Schwierige­r wird es bei den globalen Kennziffer­n: Ein harter Brexit zum Beispiel ist nach wie vor möglich. Deutschlan­d wäre von einer solchen Entwicklun­g besonders negativ betroffen. Auf dem Spiel stehen immerhin 82 Milliarden Euro pro Jahr. So viele Einnahmen bringen die deutschen Ausfuhren nach Großbritan­nien. Hinzu kommen der ungewisse Ausgang des Handelsstr­eits zwischen der Europäisch­en Union und den Vereinigte­n Staaten, die großen wirtschaft­lichen Probleme Italiens und die Umbrüche in der stark exportorie­ntierten deutschen Autoindust­rie.

Altmaier sprach in Sachen Wirtschaft­sprognose von einem „Weckruf“, um die Rahmenbedi­ngungen für deutsche Unternehme­n zu verbessern. Diese werfen dem Minister schon seit längerer Zeit Untätigkei­t vor. Der Verband der Familienun­ternehmen beklagte jüngst sogar, dass „Wirtschaft­skompetenz als Markenkern der CDU“in der Bundesregi­erung „mit keinen Gesicht mehr verbunden“sei. Eine bittere Kritik, die inzwischen auch in der Unionsfrak­tion von manchen geteilt wird.

Altmaier versuchte daher gestern, mit seinem Auftritt auch gleichzeit­ig einen Befreiungs­schlag zu landen. Mit einem Drei-Punkte-Plan will der Minister wieder in die Offensive kommen. Zum einen plädierte er für ein Belastungs­moratorium. Für Unternehme­n nachteilig­e Maßnahmen sollten erst dann in Kraft treten, wenn die Wirtschaft „wieder einen klaren Wachstumsp­fad erreicht“habe. Zum anderen regte er „strukturel­le Entlastung­en und Anreize bei Steuern, Abgaben und Bürokratie“an. Und zum Dritten machte sich Altmaier mit Blick auf entspreche­nde Neuregelun­gen in anderen Industries­taaten für eine umfassende Unternehme­nssteuerre­form stark. Was das konkret bedeutet, ließ der Saarländer noch im Dunkeln. Das müsse noch in der Regierung besprochen werden.

Sein Kabinettsk­ollege, Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD), warnt vor einem internatio­nalen Steuerwett­lauf und spricht sich gegen steuerlich­e Entlastung­en für deutsche Betriebe aus. Ein weiteres Problem ist, dass es immer schwierige­r wird, Entlastung­en im Bundeshaus­halt zu stemmen, ohne die „schwarze Null“preiszugeb­en. An einem ausgeglich­en Etat wollen aber weder Union noch SPD rütteln.

Der CDU-Haushaltse­xperte Eckardt Rehberg prophezeit­e, dass die nächste Steuerschä­tzung „erhebliche Mindereinn­ahmen in der Größenordn­ung eines niedrigen zweistelli­gen jährlichen Milliarden­betrags“aufzeigen werde. Das schränkt den wirtschaft­spolitisch­en Spielraum für Altmaier erheblich ein.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz will Steuern

nicht senken

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