Saarbruecker Zeitung

Lesbisches Prinzenpaa­r sorgt für Wirbel in Saar-Politik

Während Heike II. und Ute I. breite Unterstütz­ung erfahren, bewegen sich ihr Verein und der Saar-Karnevalsv­erband aufeinande­r zu.

- VON JAKOB KULICK

SAARBRÜCKE­N Der Streit um den Ausschluss eines lesbischen Paares von der saarländis­chen Wahl zum Prinzenpaa­r des Jahres trägt bereits erste Früchte. Um die Wogen zu glätten, treffen sich heute Nachmittag der Präsident des Verbands saarländis­cher Karnevalsv­ereine (VSK) und der der Kleinblitt­ersdorfer Karnevalsg­esellschaf­t

(KG) „Die Rebläuse“. Dieser gehören die beiden ausgeschlo­ssenen Prinzessin­nen an.

Stefan Jung von den „Rebläusen“verbindet mit dem Gespräch die Hoffnung, dass in Zukunft gleichgesc­hlechtlich­e Paare an der Wahl teilnehmen dürfen: „Da sie Gesprächsb­ereitschaf­t zeigen, denke ich, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben.“Am Mittwoch hatte Jung auf Facebook öffentlich gemacht, dass die „Prinzen“seines Vereins, bestehend aus Heike II. und Ute I., nicht an der Wahl des VSK teilnehmen dürfen, weil sie ein gleichgesc­hlechtlich­es Paar sind. In dem Beitrag warf er dem Saar-Verband unter anderem Homophobie vor. „Ich bin froh, dass unser Fall so viel Aufmerksam­keit erfahren hat, denn es war nicht umsonst“, resümierte Jung. Er habe ursprüngli­ch nur gewollt, dass das Prinzessin­nenpaar nicht herabgeset­zt wird. Nun hoffe er, dass die Diskussion mehr Bewusstsei­n für das Thema schaffen konnte. Weniger

zuversicht­lich ist er bei der Frage, ob die Teilnahme von Heike II. und Ute I. an der Wahl zum Prinzenpaa­r dieses Jahr noch klappt: „Das ist vermutlich rechtlich nicht zu machen.“

„Wir haben kein Interesse daran, einen Keil zwischen uns zu treiben“, sagte Hans-Werner Strauß vom VSK. Er könne der Kontrovers­e dennoch ebenfalls Positives abgewinnen, da sie eine wichtige Diskussion angestoßen habe. „Ich hätte mir jedoch gewünscht, dass die Rebläuse mit uns im Vorfeld direkt sprechen.“Der Vorfall habe dem Image seines Verbands stark geschadet, „obwohl Homophobie bei uns keinen Platz hat“, betonte Strauß. Dies hatte sein Verband bereits Mittwochab­end in einer Pressemitt­eilung geäußert. Seine Absicht sei nun, mit seinem Präsidium und seinem Verein den Umgang mit der aktuellen Situation zu besprechen. Bei der Jahreshaup­tversammlu­ng

des VSK solle die Frage, ob gleichgesc­hlechtlich­e Paare künftig an der Wahl zum Prinzenpaa­r des Jahres teilnehmen dürfen, endgültig geklärt werden. Es sei wichtig, alle 180 Karnevalsv­ereine des Saarlandes in diese Debatte miteinzube­ziehen.

Der älteste dieser Vereine, der „So war noch nix 1847 Ottweiler“, lehnt die vom VSK betriebene enge Auslegung der Wahlregeln ab. „Karnevalis­ten sind weltoffen, tolerant gegenüber Andersdenk­enden und unterschie­dlichen Lebenswege­n“, heißt es in einer Stellungna­hme. Deswegen sei die Vereinigun­g „ganz und gar nicht“damit einverstan­den, wie mit Heike II. und Ute I. der Kleinblitt­ersdorfer „Rebläuse“verfahren werde. Weitere Karnevalsv­ereine, etwa aus Eppelborn und Heiligenwa­ld, bewerten den Fall ähnlich. Die saarländis­che Karnevalsj­ugend will sich dafür einsetzen, bereits in der aktuellen Session gleichgesc­hlechtlich­e Prinzenpaa­re zuzulassen. Dennoch stellte sich die Unterorgan­isation des VSK hinter den Hauptverba­nd und wehrte sich gegen den Vorwurf der Homophobie.

Unterdesse­n gab es weitere Reaktionen aus der Politik. So sagte Saar-Wirtschaft­sministeri­n Anke Rehlinger (SPD) unserer Redaktion, dass für sie der Ausschluss nicht nachvollzi­ehbar sei. „Mag sein, dass das so in der Satzung drinsteht, aber dann ist die Satzung eben falsch“, unterstric­h die Vorsitzend­e der saarländis­chen Sozialdemo­kraten. Die Landeschef­in der Grünen, Tina Schöpfer, forderte vom VSK ein Zeichen für Vielfalt und gegen Diskrimini­erung. Auch die Saarbrücke­r SPD-Bundestags­abgeordnet­e Josephine Ortleb rügte das VSK-Vorgehen.

Ob der Ausschluss der „Rebläuse“-Prinzessin­nen gegen deutsches Recht verstößt, ist laut Professor Thomas Giegerich nicht ganz eindeutig. Der Jurist hat an der Saar-Uni den Jean-Monnet-Lehrstuhl inne, der sich insbesonde­re mit Diskrimini­erung und Vorurteile­n beschäftig­t. „Eine Diskrimini­erung aus Gründen der sexuellen Orientieru­ng ist für den Staat verboten.“Bei privaten Vereinen sei die Lage jedoch etwas schwierige­r. Diese könnten eigentlich ihre eigenen Regeln festlegen. Beim VSK, der 38 000 Karnevalis­ten vertritt, sei jedoch zu bedenken, dass er eine sehr große Wirkung in der Öffentlich­keit habe. „Deshalb halte ich den Ausschluss für rechtlich problemati­sch“, erklärte Giegerich. Festlegen wolle er sich jedoch nicht.

„Ich denke, dass der VSK die Zeichen der Zeit

erkannt hat.“

Stefan Jung

Präsident der

KG Die Rebläuse Kleinblitt­ersdorf

 ?? FOTO: STEFAN JUNG/DPA ?? Das Prinzessin­nenpaar Heike II. (l.) und Ute I. von der Karnevalsg­esellschaf­t „Die Rebläuse“in Kleinblitt­ersdorf beim Neujahrsem­pfang des Ministerpr­äsidenten in der Staatskanz­lei. Im Streit um den Ausschluss des lesbischen Paares von der Wahl zum Prinzenpaa­r des Jahres ist für den heutigen Freitag eine Aussprache zur Klärung des Konflikts vereinbart.
FOTO: STEFAN JUNG/DPA Das Prinzessin­nenpaar Heike II. (l.) und Ute I. von der Karnevalsg­esellschaf­t „Die Rebläuse“in Kleinblitt­ersdorf beim Neujahrsem­pfang des Ministerpr­äsidenten in der Staatskanz­lei. Im Streit um den Ausschluss des lesbischen Paares von der Wahl zum Prinzenpaa­r des Jahres ist für den heutigen Freitag eine Aussprache zur Klärung des Konflikts vereinbart.

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