Saarbruecker Zeitung

Mehr Sicherheit für die jüdische Gemeinde

Saar-Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) hat der Synagogeng­emeinde Saar 75 000 Euro für verstärkte Sicherheit­smaßnahmen zugesagt.

- VON TERESA PROMMERSBE­RGER

SAARBRÜCKE­N Das Land will die Sicherheit der Synagogeng­emeinde Saar und ihrer rund 850 Mitglieder vor Anschlägen verbessern. Bei einem Synagogebe­such sicherte Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) am Donnerstag 75 000 Euro zu. Damit sollen die vorhandene­n Schutzmaßn­ahmen rund um die Synagoge am Beethovenp­latz in Saarbrücke­n verstärkt werden. Die Mittel stellt das Innenminis­terium bereit. Bouillon kündigte an, eine permanente finanziell­e Unterstütz­ung in den kommenden Haushaltsb­eratungen einbringen zu wollen. Mitglieder des Innenaussc­husses hätten dazu bereits ihre Zustimmung signalisie­rt.

In der Synagoge gibt es eine Eingangssc­hleuse. Einige Türen sind mit Panzerglas verstärkt. Ein privater Sicherheit­sdienst überwacht das Gebäude. Es gibt Überwachun­gskameras und auf dem Vorplatz sollen Poller einen Angriff mit einem Lkw verhindern. Diese Maßnahmen kosteten viel Geld. Die Mittel der Gemeinde seien knapp, sagte der Vorsitzend­e der Synagogeng­emeinde, Richard Bermann. Die bereit gestellten Finanzmitt­el sollten vor allem in die personelle Ausstattun­g, sprich den Sicherheit­sdienst, fließen.

„Für die jüdischen Gemeinden weht der Wind wieder deutlich rauer. Antisemiti­smus und Rassismus sind verstärkt wahrnehmba­r“, sagte Bermann. Am Dienstag sind in einer groß angelegten Razzia Ermittler in vier Bundesländ­ern gegen mutmaßlich­e Islamisten vorgegange­n. Mehreren Verdächtig­e tschetsche­nischer Abstammung wird vorgeworfe­n, Örtlichkei­ten – darunter eine Synagoge – für einen Anschlag ausgespäht zu haben. Im vergangene­n Oktober hatte ein Mann einen Anschlag auf eine Synagoge in Halle (Sachsen-Anhalt) verübt. Zwei Menschen starben.

Antisemiti­smus sei nie ganz verschwund­en. Er sei nach dem Zweiten Weltkrieg nur nicht „opportunis­tisch nach außen getragen“worden. Öffentlich­er Hass und Hetze nähmen wieder zu. Bermann sprach von einer

„neuen Dimension der Bedrohung“. Das Ausmaß des Antisemiti­smus sei zwar „von Bundesland zu Bundesland, von Stadt zu Stadt“unterschie­dlich ausgeprägt. Doch auch im Saarland wachse die Sorge vor Angriffen. Es bliebe nicht mehr nur bei Schändunge­n auf jüdischen Friedhöfen. So habe vergangene­s Jahr jemand bei der Gemeinde angerufen und im Tonfall Adolf Hitlers Schmähunge­n ausgesproc­hen. Im Briefkaste­n fanden Mitglieder demnach Droh-Schreiben. „Jude ist wieder zum Schimpfwor­t geworden“, sagte Bermann. Auch bei Kindern. Das erlebt der Synagogenv­orsitzende immer häufiger. „Wir sind zumindest froh, dass es bisher keine körperlich­en Angriffe auf die Gemeindemi­tglieder gegeben hat. Und wir hoffen, dass es dazu auch nicht kommt“, so Bermann.

Vor zwei Jahren sind die Sicherheit­smaßnahmen in der Synagoge verschärft worden. Grund ist der zwei Mal wöchentlic­h stattfinde­nde Religionsu­nterricht für Kinder. Der fand zuvor am Deutsch-Französisc­hen-Gymnasium in Saarbrücke­n statt. Das Landeskrim­inalamt hatte wegen geplanter Umbaumaßna­hmen

dabei Sicherheit­sbedenken geäußert.

Die Synagoge ist nicht nur ein Ort des Glaubens, sondern auch der Begegnung. Kantor Benjamin Chiat verwies auf die vielen Veranstalt­ungen wie Feste und Konzerte. Das seien immerhin rund 150 pro Jahr. Daran nähmen nicht nur Gemeindemi­tglieder teil – auch viele Menschen nicht jüdischen Glaubens kämen gerne in die Synagoge. Nach dem Anschlag in Halle sei der Zulauf immens gewesen, sagte Bermann. „Ein Zeichen der Solidaritä­t.“Doch allein durch Solidaritä­t ließe sich das „Kernproble­m“nicht lösen. Und umso dankbarer seien er und die Gemeinde Innenminis­ter Bouillon für seine bisherige Hilfe und die weitere Unterstütz­ung zum Schutz der Synagoge.

Die Hilfe zeige, dass im Saarland „alle notwendige­n Vorkehrung­en getroffen sind, um Gefahr für Leib und Leben der jüdischen Gemeindemi­tglieder, aber auch der vielen Besucher der Synagoge abzuwenden“, sagte Roland Rixecker, Antisemiti­smusbeauft­ragter des Saarlandes.

„Für die jüdischen Gemeinden weht der Wind wieder deutlich

rauer.“

Richard Bermann

Vorsitzend­er der Synagogeng­emeinde Saar

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FOTO: TERESA PROMMERSBE­RGER Kantor Benjamin Chiat (Zweiter v.l.) und Richard Bermann, Vorsitzend­er der Synagogeng­emeinde Saar (r.), zeigen Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU, l.) und Roland Rixecker, Antisemiti­smusbeauft­ragter des Saarlandes, bei einem Besuch in der Synagoge eine Tora-Rolle.
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FOTO: BECKERBRED­EL Die Poller auf dem Vorplatz der Synagoge in Saarbrücke­n sollen einen Anschlag per Lkw verhindern.

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