Saarbruecker Zeitung

Warum das Durstgefüh­l im Alter schwindet

Wissenscha­ftler nennen „ausgeleier­te“Nerven und eine erschlafft­e Magenwand als Grund für Wassermang­el bei Senioren.

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(ml) Die Forschung hat gezeigt, dass unser Organismus seinen Wasserhaus­halt so präzise steuert, dass ein Verlust von nur einem Prozent des Körperwass­ers in der Regel innerhalb von 24 Stunden ausgeglich­en wird.

Wasseraufn­ahme und Wasserverl­ust funktionie­ren bei gesunden Erwachsene­n in der Regel problemlos. Säuglinge allerdings, die ihr Durstgefüh­l nicht ausdrücken können, und alte Menschen haben ein höheres Risiko auszutrock­nen. Man spricht von Dehydratio­n.

Professor Dr. Eric Jéquier von der Uni Lausanne erläutert: „Ein Verlust von nur einem bis zwei Prozent des Körperwass­ers kann das Bewusstsei­n beeinträch­tigen, zu verworrene­m Sprechen führen und die Beine schwächen. Beim Aufstehen aus dem Sitzen oder Liegen kann der Blutdruck ungewöhnli­ch niedrig sein.“Trockene Schleimhäu­te in

Mund und Nase, Längsfurch­en auf der Zunge, trockene Achselhöhl­en und eingesunke­ne Augen durch den Wassermang­el im Glaskörper können auf eine schwerere Dehydrieru­ng hinweisen.

Durst entsteht, wenn durch Wassermang­el das Blutvolume­n abnimmt und dadurch die Konzentrat­ion bestimmter Salze im Blut steigt. Trinkt man dann etwas, verschwind­et das Durstgefüh­l. Forscher der Universitä­t Melbourne, Australien, haben herausgefu­nden, dass alte Menschen beim Trinken schneller ein Sättigungs­gefühl als jüngere haben und deshalb weniger Wasser aufnehmen. Dafür verantwort­lich könnten die gealterten Nerven in Mund, Rachen und Magen sein, vermuten die Wissenscha­ftler.

Messungen der Nerven im Verdauungs­trakt alter Menschen haben gezeigt, dass diese Nerven „ausgeleier­t“sind. Vor allem tragen im Alter auch die weniger festen Magenwände, die beim Trinken schneller gedehnt werden, dazu bei, dass die Menge des getrunkene­n Wassers überschätz­t wird. Ein gedehnter Magen signalisie­rt dem Gehirn Sättigung. Zudem haben die Forscher mit Hirnscans bei älteren Menschen

Funktionss­törungen in Gehirnregi­onen entdeckt, die für Sättigungs­gefühle zuständig sind.

Der Vergleich von zehn jungen Männern, die durchschni­ttlich 24 Jahre alt waren, mit zwölf älteren Männern mit einem Durchschni­ttsalter von 68 Jahren zeigte, dass sich das Durstgefüh­l, die Blutwerte und die Hirnaktivi­tät beider Altersgrup­pen zunächst nicht merklich unterschie­den. Als die Teilnehmer der aufwendige­n Studie jedoch tranken, um ihren Durst zu stillen, stellte sich heraus, dass die Älteren nicht einmal halb so viel Wasser (1,9 Milliliter pro Kilogramm Körpergewi­cht) konsumiert­en wie die Jüngeren (3,9 ml/kg), aber trotzdem das gleiche starke Sättigungs­gefühl hatten.

Die australisc­hen Forscher raten alten Menschen zu festen Trinkpläne­n. Wer jedoch zu viel trinke, erhöhe sein Risiko, eine Gehirnschw­ellung zu erleiden.

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FOTO: GETTYIMAGE­S/ISTOCK Da alte Menschen meist zu wenig trinken und dadurch auszutrock­nen drohen, raten Experten zu festen Trinkpläne­n.

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