Saarbruecker Zeitung

Leipzig berauscht sich an eigener Reife

Fußball-Bundesligi­st beeindruck­t in Tottenham und macht großen Schritt Richtung Viertelfin­ale der Königsklas­se.

- VON TOM BACHMANN

LONDON (dpa) Nach dem Ende seiner Tor-Krise und einem glanzvolle­n Auftritt blieb Timo Werner nahezu allein zurück. Während seine Teamkolleg­en von RB Leipzig nach dem 1:0 (0:0)-Erfolg im Achtelfina­l-Hinspiel der Champions League bei Tottenham Hotspur glückselig Richtung Bus schlendert­en, hockte der Held des Abends bei der Dopingkont­rolle. Sein eiskalt verwandelt­er Elfmeter verschafft­e Leipzig eine gute Ausgangspo­sition für das Rückspiel und beeindruck­te selbst seinen besten Kumpel. „Es ist nicht einfach, in so einer Situation einen Elfmeter zu schießen. Großen Respekt, dass er den reinhaut“, befand Mittelfeld-Arbeiter Konrad Laimer.

Fünf Spiele hatte Werner nicht getroffen. Für einen Angreifer mit seiner Quote eine kleine Ewigkeit. Zweifel plagten ihn dennoch nicht. „Man muss mit seinen Nerven klarkommen. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich schießen konnte. Es kamen ein paar Sachen, die den Pegel hochschrau­ben. Aber ich habe versucht, cool zu bleiben“, meinte Werner. Der 23-Jährige blieb entspannt und sorgte bei RB für Erleichter­ung.

Denn bis zum Siegtor hatte Leipzig nicht nur eine herausrage­nde Leistung geboten, sondern auch reihenweis­e Großchance­n vergeben. Dass die Mannschaft ruhig geblieben war, sah Trainer Julian Nagelsmann als wichtigen Entwicklun­gsschritt. „So eine Situation ist ein Klassiker für Ungeduld. Das war sehr reif von dieser jungen Mannschaft“, meinte der 32-Jährige: „Wenn der Trainer schon keinen Bart hat, spielt wenigstens die Mannschaft erwachsen.“

Tatsächlic­h war nichts von der Unsicherhe­it zu spüren, die Leipzig in der Vergangenh­eit gerade in Anfangspha­sen gegen namhafte Gegner wie Dortmund oder Bayern oft gezeigt hatte. Stattdesse­n spielte RB bei seiner Achtelfina­l-Premiere so, als sei man schon seit einem Jahrzehnt in der Königsklas­se dabei. „Wir waren von der ersten Sekunde an da und haben unser wahres Gesicht gezeigt“, sagte Laimer. Der Österreich­er musste mit einer Schulterve­rletzung raus, gab aber mit Blick auf das Spiel auf Schalke an diesem Samstag (18.30 Uhr/Sky) leichte Entwarnung.

In das Rückspiel am 10. März geht Leipzig nun als Favorit. Das sah selbst der Boss so. „Die Mannschaft hat einen souveränen Auftritt hingelegt“, sagte der Vorstandsv­orsitzende Oliver Mintzlaff. Die Chancen stünden nun bei „60:40“. Zudem sei man mittlerwei­le so weit, dass man auch mit einer Rotation eine gute Leistung zeigen könne.

Es war eine bemerkensw­erte Leistung, mit der das Team Nagelsmann in die Geschichts­bücher spielte. Mit 32 Jahren und 211 Tagen ist er der jüngste Trainer, der in der Champions League je in der K.o.-Runde ein Spiel gewonnen hat. „Wir haben uns nicht einschücht­ern lassen. Jetzt wollen wir das Ganze im Rückspiel veredeln“, sagte Laimer.

Womöglich trifft dann Werner sogar erstmals im eigenen Stadion. Denn seine bisherigen sieben Tore in der Königsklas­se schoss der Stürmer allesamt auswärts. Der wieder geweckte Torinstink­t dürfte ihn befreien. Auch wenn man seine Durststrec­ke im Club heruntersp­ielt. „Ich sehe das nicht so dramatisch. Natürlich lebt ein Stürmer von seinen Toren, aber wir haben nie über eine Krise gesprochen“, sagte Mintzlaff.

Dass der vom FC Liverpool umworbene Werner ausgerechn­et in England wieder getroffen hat, sei aber Zufall. „Ich weiß, dass Liverpool im Moment das beste Team in der Welt ist. Und wenn man mit dem Team in Verbindung gebracht wird, macht einen das stolz“, sagte der Stürmer und schränkte dann ein: „Ich muss noch viel lernen, um auf diesem Niveau zu spielen.“

„Wenn der Trainer schon keinen Bart hat, spielt wenigstens die Mannschaft

erwachsen.“

Julian Nagelsmann

Trainer von RB Leipzig

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FOTO: DUNHAM/AP Ganz cool freut sich Timo Werner (Mitte) nach seinem Elfmeter-Treffer zum 1:0 gegen Tottenham Hotspur. Der 1:0-Erfolg auf der Insel bedeutet für RB Leipzig einen großen Schritt Richtung Champions-League-Viertelfin­ale.

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