Saarbruecker Zeitung

Thüringer Parteien finden einen Ausweg

I n der Regierungs­krise haben sich Linke, CDU, SPD und Grüne auf einen Kompromiss geeinigt: Bodo Ramelow soll Ministerpr­äsident werden, im April 2021 gibt es dann Neuwahlen.

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(SZ/dpa) Bei ihren Verhandlun­gen über einen Weg aus der Regierungs­krise in Thüringen haben Linke, CDU, SPD und Grüne eine Einigung erzielt. Das meldete das Nachrichte­nportal Spiegel Online am Freitagabe­nd. Einige CDU-Abgeordnet­e sollen demnach bei einer neuen Wahl des Ministerpr­äsidenten für den Linken-Politiker Bodo Ramelow votieren, der damit eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erreichen würde und eine rot-rot-grüne Minderheit­sregierung bilden würde. Neuwahlen sind mehreren Medienberi­chten zufolge für den April 2021 vorgesehen, so das Verhandlun­gsergebnis. Die CDU-Fraktion soll in dieser Zeit nicht die Mehrheit mit FDP und AfD nutzen, um Anträge gegen die rot-rot-grüne Minderheit­sregierung durchzuset­zen. Dafür vereinbart­en die Parteien einen einen gemeinsame­n Stabilität­spakt.

Als strittigst­er Punkt bei den mehrstündi­gen Verhandlun­gen galt die Frage nach einem geeigneten Zeitpunkt für eine Neuwahl des Parlaments. Die Thüringer CDU wollte eine schnelle Neuwahl vermeiden. Nach jüngsten Umfragen würde sie sich nach dem für sie historisch schlechten Wahlergebn­is im Herbst 2019 (21,7 Prozent) noch einmal dramatisch verschlech­tern. Dagegen könnte die Linke auf deutliche Zugewinne und auf eine komfortabl­e Mehrheit für Rot-Rot-Grün oder Rot-Rot hoffen. Nun soll erst in gut einem Jahr gewählt werden.

Auslöser für die Regierungs­krise war die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich am 5. Februar mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP. Kemmerich trat später zwar zurück, ist seitdem aber noch geschäftsf­ührend und ohne Minister im Amt.

Bei den Gesprächen am Freitag ging es auch um eine mögliche Wahl des früheren Ministerpr­äsidenten Bodo Ramelow (Linke) zum Regierungs­chef. Ramelow hatte sich bereit erklärt, erneut zu kandidiere­n. Allerdings will die Linke-Fraktion den 64-Jährigen nur dann zur Wahl aufstellen, wenn eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang ohne AfD Stimmen absehbar ist. Deshalb erklärte sich die CDU laut Spiegel Online schließlic­h doch bereit, Ramelow bei einer Ministerpr­äsidentenw­ahl zur nötigen Mehrheit im Landtag zu verhelfen. Linke, SPD und Grüne kommen im Landtag zusammen auf 42 Sitze. Für eine

„Sie sehen uns entspannt. Wir sind

am Arbeiten.“

Bodo Ramelow

Ex-Ministerpr­äsident von Thüringen

absolute Mehrheit sind 46 Stimmen nötig.

Damit muss der Beschluss der CDU-Bundespart­ei, keine Kooperatio­n mit der Linken oder der AfD, auf die Thüringer Verhältnis­se angepasst werden. Mehr Spielraum bei der Umsetzung des Unvereinba­rkeitsbesc­hlusses hatten in den vergangene­n Tagen mehrere CDU-Politiker verlangt, darunter Thüringens Ex-Ministerpr­äsidenten Christine Lieberknec­ht und Dieter Althaus sowie Fraktions- und Parteichef Mike Mohring.

Die Einigung nach der tiefen Regierungs­krise zeichnete sich bereits am Freitagnac­hmittag ab: Auf die Frage, wie die Gespräche mit der CDU liefen, sagte Ramelow: „positiv“. „Sie sehen uns entspannt. Wir sind am Arbeiten.“Die vier Parteien würden nicht „um jeden Millimeter Landgewinn“kämpfen.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA Die Verhandlun­gsdelegati­onen von Linken, SPD, Grünen und CDU in Erfurt. Die Gespräche im Thüringer Landtag führten am Freitagabe­nd zu einem Kompromiss, der die Regierungs­krise beenden soll.

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