Saarbruecker Zeitung

Don Carlos verursacht Übelkeit

- Peter Wagner, Saarbrücke­n

„Don Carlos’ großer Lebens-Crash“, SZ vom 27. Januar

Am 15. Februar sah ich mir Verdis Oper Don Carlos an, die SZ-Redakteur Oliver Schwambach hymnisch lobte. Ich verließ das Theater nach vier Stunden Leidenszei­t mit Kopfweh und Frustratio­n. Die Einführung fiel an dem Abend aus. Zur Erläuterun­g des verstörend wirkenden Bühnenbild­es (ein verunglück­tes Auto im Tiefgarage­ntunnel) verwies Schwambach aufs Programmhe­ft. Wenn ein Regisseur sein Tun erläutern muss, stimmt etwas nicht. Nach der Pause blieben viele Sitze leer. Die Öde der Garage wird zur Öde aller Szenen. Die Beleuchtun­g ist eine Katastroph­e: Zwei stark blendende Spots machen es unmöglich, zur Bühne zu schauen. Die die Akte einleitend­en Kamerafahr­ten durch den Wald von Fontainebl­eau haben nur Mehrwert, wenn man sie als dekonstruk­tiven Versuch sieht, den idyllische­n Ort seiner Schönheit zu berauben. Ist das nötig? Wenn schon postmodern­es Bühnenbild, dann volle Pulle: Schwab hätte sich an US-TV-Serien orientiere­n können, die tragische Helden der Renaissanc­e überzeugen­d in unsere Zeit versetzen. Schwabs Don Carlos will die Oper qua Bühnenbild in die Postmodern­e holen; was ästhetisch verstört, aber keinen Gewinn bringt. Die historisch­e Pracht der Renaissanc­e soll nicht gezeigt werden – d’accord. Aber was kriegen wir? Die Ästhetizie­rung des Hässlichen. Hier geht es um einen geisteskra­nken Prinzen, der an den Machtspiel­en von Staat und Kirche zugrunde geht. Dies zu zeigen, versäumt die Inszenieru­ng. Die Opernsänge­r gaben ihr Bestes. Orchester und Chor waren überzeugen­d. Doch verweigert sich ein deutscher Regisseur einer historisch orientiert­en Inszenieru­ng. Dass mir wegen der Beleuchtun­g auch noch übel wurde, setzte allem eine vielleicht bezeichnen­de Krone auf.

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