Bernie Sanders sieht sich bereits als nächster US-Präsident
Bei den Vorwahlen der Demokraten im Bundesstaat Nevada gewann der 78-Jährige noch klarer, als es Demoskopen vorausgesagt hatten.
In der Stunde des Triumphs war Bernie Sanders mit seinen Gedanken schon beim Wahlfinale im November. Vor ausgelassenen Anhängern prophezeite er nach der Vorwahl in Nevada nicht nur einen Sieg über seine innerparteilichen Kontrahenten, sondern auch einen Wahlsieg gegen Donald Trump. Mit seinem Team habe er eine mehrere Generationen umfassende, multikulturelle Koalition gezimmert, die nicht nur in Nevada gewinne, sondern über die USA hinwegfege. „Wir werden im ganzen Land siegen, weil es das amerikanische Volk leid ist, einen Präsidenten zu haben, der die ganze Zeit lügt.“
Als er das sagte, war der 78-Jährige schon weitergereist nach San Antonio, in die zweitgrößte Stadt von Texas. Dort wird Anfang März gewählt, am „Super Tuesday“, wenn die Basis der Demokraten in 14 Bundesstaaten über ihre Präsidentschaftskandidaten befindet und das Rennen vielleicht schon entscheidet. In Nevada gewann Sanders am Samstag noch klarer, als es die Demoskopen vorhergesagt hatten. Nach Auszählung von etwa zwei Dritteln der Stimmen kam er auf 46 Prozent, gefolgt von Joe Biden (19,6 Prozent), Pete Buttigieg (15,3 Prozent), Elizabeth Warren (10 Prozent) und Amy Klobuchar (4,8 Prozent). Mit dem Endresultat ist wegen des komplizierten Caucus-Verfahrens, bei dem die Rangfolge nicht in der Wahlkabine, sondern auf Bürgerversammlungen ermittelt wird, erst in den nächsten Tagen zu rechnen. Doch auch so ist das Bild klar genug.
Das Votum galt schon deshalb als aufschlussreicher Test, weil die Bevölkerung Nevadas zu fast einem Drittel aus Latinos besteht und zu jeweils einem knappen Zehntel aus
Schwarzen und Amerikanern asiatischer Abstammung. Damit bildet der Wüstenstaat die Demografie der USA viel repräsentativer ab als Iowa und New Hampshire, Staaten mit rund 90-prozentiger weißer Mehrheit, die bei den Vorwahlen den Anfang machten. Und da sich Hispanics
wie schwarze Amerikaner eher mit den Demokraten identifizieren, weniger mit den Republikanern, bilden beide Gruppen zentrale Stützen der Partei. Wer bei ihnen nicht punkten kann, dem dürfte es kaum gelingen, das Finale im Herbst zu erreichen.
Von den Stimmen der Latinos also entfielen nach Erhebungen des Senders NBC 53 Prozent auf Sanders. Afroamerikaner gaben dem linken Senator zu 25 Prozent den Zuschlag, womit er dicht hinter Joe Biden lag, der als Vizepräsident Barack Obamas gerade bei ihnen hohes Ansehen genießt. Buttigieg, der sich als moderne Alternative zu Sanders und Biden empfiehlt, halb so alt wie beide und dabei politisch gemäßigt, offenbarte dagegen eklatante Schwächen. In Nevada erhielt er die Stimmen eines Zehntels der Latinos, während ihm gerade mal ein Fünfzigstel der Schwarzen den Zuschlag gab. In South Carolina, wo am kommenden Samstag gewählt wird, könnte ihn der nächste Rückschlag erwarten, denn dort bilden Afroamerikaner an der Basis der Demokraten die Mehrheit. Auch für den Super Tuesday, wenn über ein Drittel der Delegiertenmandate für den
Nominierungsparteitag zu vergeben ist, verheißt die Schlappe nichts Gutes für den Ex-Bürgermeister aus dem Mittleren Westen. Mit Kalifornien, Texas und Colorado sind dann Bundesstaaten an der Reihe, deren Demografie gewisse Parallelen zu Nevada aufweist.
Bliebe noch Michael Bloomberg, der Multimilliardär, dessen Name erst am Super-Dienstag auf Wahlzetteln steht und dessen Erfolgschancen im Grunde niemand seriös einzuschätzen vermag: Auch er spekuliert darauf, den Flügel der Pragmatiker demnächst anzuführen. Wie Sanders das Duell sieht, hat sein Wahlkampfmanager Faiz Shakir am Tag nach dem Triumph in Nevada in einer E-Mail an seine Anhänger so formuliert: „Das politische Establishment und die Finanzelite des Landes werden den Motor auf Hochtouren bringen, um uns zu schlagen“.