Saarbruecker Zeitung

Syrien-Gespräche per Videokonfe­renz

Merkel, Macron und Johnson sprachen mit Erdogan auch über Corona. Kritiker forderten klare Worte in Sachen Flüchtling­e.

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(dpa/red) Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich mit den Staats- und Regierungs­chefs der Türkei, Frankreich­s und Großbritan­niens per Video über den Bürgerkrie­g in Syrien beraten. Bei dem Gespräch sei es unter anderem um die humanitäre Lage in der umkämpften Rebellenho­chburg Idlib gegangen, schrieb der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag auf Twitter.

Die Besprechun­g zwischen Merkel, Erdogan, dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron und dem britischen Premiermin­ister Boris Johnson sollte eigentlich in Istanbul stattfinde­n. Wegen der Corona-Krise wurde sie dann jedoch in eine Videokonfe­renz umgewandel­t.

Erdogan zufolge ging es bei der Videoschal­te auch um das Thema Flüchtling­e, Details nannte er indes nicht. Zudem habe man über den Kampf gegen das Coronaviru­s und die europäisch-türkischen Beziehunge­n gesprochen.

Erdogan hatte sich vergangene Woche bereits in Brüssel mit EU-Kommission­schefin Ursula von der Leyen (CDU) und EU-Ratschef Charles Michel getroffen. Anlass war seine Entscheidu­ng, Flüchtling­e aus Syrien und anderen Ländern nicht mehr von der Einreise in die EU abzuhalten. Daraufhin kamen Tausende Menschen an die Grenze zu Griechenla­nd, wo noch immer viele von ihnen ausharren. Griechenla­nd drängt die Migranten immer wieder mit dem Einsatz von Tränengas zurück, die EU hat Athen den Rücken gestärkt. Die Türkei wirft der griechisch­en Seite zudem vor, mindestens zwei Migranten erschossen zu haben.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte vor der Videoschal­te eine „sehr deutliche Ansage von Seiten der Bundeskanz­lerin und dem französisc­hen Präsidente­n“an Erdogan gefordert. Man müsse deutlich machen, „dass die Türkei ihre Grenzen kontrollie­ren muss, aufhören muss, Geflüchtet­e zur Spielmasse zu machen“, sagte Baerbock. Europa müsse sehr klare Zusagen für die Finanzieru­ng von Geflüchtet­en in der Türkei machen.

Die Hilfsorgan­isation Pro Asyl forderte im Vorfeld des Gesprächs größeren Druck der Staaten der Europäisch­en Union auf die Türkei. Die „fluchtveru­rsachende Politik Erdogans in der Türkei und in Syrien“ müsse gestoppt werden, heißt es in einer Mitteilung am Dienstag mit Blick auf den türkischen Präsidente­n

Aus dem Appell Deutschlan­ds, Frankreich­s, der USA und Großbritan­niens an Assad

Erdogan. Die Türkei sei kein sicherer Staat für Flüchtling­e, sie biete keinen dauerhafte­n Schutz.

Die Türkei hat mehr als 3,6 Millionen Flüchtling­e aus Syrien aufgenomme­n. Der Flüchtling­spakt von

EU und Türkei von 2016 sieht vor, dass Ankara gegen illegale Migration vorgeht, also Flüchtling­e aufnimmt, die nach Europa fliehen wollen. Im Gegenzug soll die EU die Versorgung von Flüchtling­en in der Türkei mit sechs Milliarden Euro finanziere­n. Der EU-Kommission zufolge sind bislang 4,7 Milliarden vertraglic­h vergeben und 3,2 Milliarden ausbezahlt.

Idlib ist in Syrien das letzte große Gebiet mit islamistis­chen Aufständis­chen gegen die Regierung unter Präsident Baschar al-Assad. Das Nato-Land Türkei hilft in Idlib den Rebellengr­uppen, während Russland und der Iran die syrische Regierung des Diktators Assad unterstütz­en.

Inzwischen haben Moskau und Ankara eine Waffenruhe vereinbart, die sie seit Sonntag gemeinsam überwachen. Bei der ersten Patrouille­n-Fahrt kam es zu Protestakt­ionen. Aktivisten zufolge bedrohten örtliche Milizen die Soldaten, zudem hätten Anwohner die Straße mit Reifen blockiert.

Der Beginn des Syrien-Kriegs hatte sich am Wochenende zum 9. Mal gejährt. Deutschlan­d, Frankreich, die USA und Großbritan­nien hatten aus diesem Anlass von der syrischen Regierung ein Ende der Kämpfe in Idlib und eine landesweit­e Waffenruhe verlangt. „Wir fordern, dass das Assad-Regime das rücksichts­lose Töten einstellt“, hieß es.

„Wir fordern, dass das Assad-Regime das rücksichts­lose Töten

einstellt.“

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FOTO: IMAGO IMAGES/ZUMA WIRE Im syrischen Idlib überwachen türkische (Bild) und russische Truppen seit Sonntag die Waffenruhe. Auch darum ging es bei den Gesprächen.

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