Saarbruecker Zeitung

Sozialmedi­ziner fordert Hilfe für Flüchtling­e

Eine Woche war der Mainzer Arzt Gerhard Trabert in den Lagern Moria und Kara Tepe.

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(dpa) Nach einem Besuch der griechisch­en Insel Lesbos hat der Mainzer Sozialmedi­ziner Gerhard Trabert die politisch Verantwort­lichen in Deutschlan­d zur sofortigen Aufnahme von dort gestrandet­en Flüchtling­en aufgerufen. „Jetzt muss gehandelt werden, da muss Deutschlan­d auch einfach die Initiative ergreifen“, sagte Trabert. Es sei jetzt an Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU), die Angebote vieler Kommunen zur Aufnahme von Menschen aufzugreif­en.

Die Herausford­erung durch die Coronaviru­s-Pandemie dürfe nicht dazu führen, die katastroph­ale Notlage der Geflüchtet­en auf Lesbos zu ignorieren, sagte Trabert. Das Zusammendr­ängen von schätzungs­weise 25 000 Menschen in einem für 3000 Menschen ausgelegte­n Lager setze die Bewohner einem hohen Risiko aus, sich mit dem Virus zu infizieren.

Der Mainzer Obdachlose­narzt brachte Verbandsma­terial in die Lager Moria und Kara Tepe und unterstütz­te die chilenisch­e Physiother­apeutin Fabiola Velasquez, die sich auf Lesbos vor allem um Menschen mit Behinderun­gen kümmert. „Überall begegnen einem die Kinder“, sagte Trabert. Er schätze, dass 80 bis 90 Prozent von ihnen traumatisi­ert seien aufgrund von Erfahrunge­n in ihrer Heimat und auf der Flucht.

Aktuell leben nach Angaben des griechisch­en Bürgerschu­tzminister­iums mehr als 42 500 Migranten auf Lesbos, Samos, Kos, Leros und Chios - dabei liegt die Kapazität eigentlich bei rund 6000 Plätzen. Nach Angaben der EU-Kommission sind rund 5500 von ihnen unbegleite­te Minderjähr­ige. Deutschlan­d hat sich zusammen mit einigen weiteren EU-Staaten bereit erklärt, insgesamt 1600 unbegleite­te Minderjähr­ige aufzunehme­n. „Das ist absolut unzureiche­nd“, sagte Trabert, der am 6. April in Berlin vom Deutschen Hochschulv­erband als „Hochschull­ehrer des Jahres“ausgezeich­net wird.

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